Grundlagen für die Entwicklung einer Open Scholarship-Strategie

Versionshistorie

  • Version 1.0 — 16. Oktober 2017 – Erste Version des Dokuments.
  • Version 1.1 — 06. Juni 2018 – Website erstellt.
  • Version 1.2 — Vervollständigter erster Entwurf (30. Juli 2018) DOI
  • Version 2.1 — Vollständig überarbeitete zweite Version (31. Januar, 2019), in englischer Sprache veröffentlicht unter DOI 10.31222/osf.io/b4v8p, auf deutsch veröffentlicht unter DOI 10.31235/osf.io/hu9sj

Beachte, dass Versionen dieses Dokuments auch in anderen Sprachen wie Spanisch, Indonesisch und natürlich im englischen Original existieren.

Inhaltsverzeichnis

Redaktion

Deutsche Übersetzung: Tobias Steiner, PDF DOI: 10.31235/osf.io/hu9sj

Englisches Original: 10.31222/osf.io/b4v8p

Jonathan Tennant, Jennifer E. Beamer, Jeroen Bosman, Björn Brembs, Neo Christopher Chung, Gail Clement, Tom Crick, Jonathan Dugan, Alastair Dunning, David Eccles, Asura Enkhbayar, Daniel Graziotin, Rachel Harding, Johanna Havemann, Daniel S. Katz, Kshitiz Khanal, Jesper Norgaard Kjaer, Tim Koder, Paul Macklin, Christopher R. Madan, Paola Masuzzo, Lisa Matthias, Katja Mayer, David M. Nichols, Elli Papadopoulou, Thomas Pasquier, Tony Ross-Hellauer, Michael Schulte-Mecklenbeck, Dan Sholler, Tobias Steiner, Pawel Szczesny, Andy Turner


Der Länge des vorliegenden Strategiedokuments Rechnung tragend wurde zudem ein IMMEDIATE ACTION PLAN / SOFORTMAßNAHMENPLAN bereitgestellt, der die aus Sicht der Autor*innen dringendsten Handlungsfelder mit Blick auf eine zukünftige Weiterentwicklung herausstellt.


1. Zweck dieses Dokuments

Dieses Dokument möchte einen möglichst breiten Konsens zur Findung einer internationalen Strategie zur Implementierung von Open Scholarship finden, die sowohl den Ansprüchen verschiedener nationaler und regionaler Communities gerecht werden kann, aber auch global funktioniert.

Forschung kann idealisiert als ein inspirierender Prozess gesehen werden, um unser kollektives Wissen zum Nutzen der gesamten Menschheit weiterzuentwickeln. Die aktuelle Forschungspraxis sieht sich jedoch im aktuellen Prozess der Adaption an die digitale Welt noch mit einer Reihe von Spannungen und Konflikten konfrontiert, die sicherlich teilweise auf Differenzen zwischen dem Ideal einer wissenschaftl. Commons-Community und dem Alltag des traditionell-hochkompetitiven Wissenschaftssystems liegen mag und teilweise auf die sowieso schon bestehenden Herausforderungen durch die Veränderung des Wissenschaftssystems inkl. Infrastruktur hin zu digitalen Lösungen. Das, was gemeinhin als Open Scholarship bezeichnet wird, ist hier als Ansatz gedacht, moderne Forschungs- und Lehr-/Lernpraktiken auf diese digitale Welt auszurichten. Wir schlagen hier keine normative Definition von Open Scholarship vor, sondern wollen anerkennen, dass es sich dabei um einen holistischen Begriff handelt, der das ganze Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen und damit einhergehender, sich unterscheidender Prinzipien und Praktiken umfasst, die in anderen Kontexten u.a. auch als Open Science, Open Research oder Digital Humanities bezeichnet werden (mehr dazu in Punkt 3). Wir wählen den Begriff “Open Scholarship”, um diese Aspekte in einem universellen und konstruktiven Sinne inklusiv einzubinden. (Wenn wir hier verkürzt mancherorts den Begriff der Forschung verwenden, ist dies stets den historischen Entwicklungen Rechnung tragend und als verkürzt für den gesamten Life Cycle von Wissenschaft, Forschung und Lehre.)

Zweck dieses Dokuments ist es, eine präzise Analyse des aktuellen Standes der weltweiten Open Scholarship-Bewegung bereitzustellen: dies wird eine Auseinandersetzung mit Fragen nach gemeinsamen Gedankenstränge, nach Stärken der Bewegung und nach Potential und beinhalten. Abschließend wird dargestellt, wie wir als global vernetzte Gemeinschaft effizienter zusammenarbeiten können, um die wichtigsten strategischen Prioritäten zu erkennen und gemeinsam voranzubringen. Dieses Dokument wurde von den Foundations for OER Strategy Development und der Arbeit der FORCE11 Scholarly Commons Working Group inspiriert und durch eine offene Arbeitsgruppe gemeinsam kollaborativ entwickelt.

Wir hoffen, dass dieses Dokument als eine Grundlage für weiteren Austausch, Diskussionen und sich daraus entwickelnden Initiativen zur Umsetzung wirksamer Strategien dienen kann, um die Integration von Open Scholarship-Praktiken in eine sich entwickelnde, moderne, digitale Forschungskultur gemeinsam voranzubringen. Dadurch erhoffen wir uns, die Reichweite und Wirkung von Open Scholarship in einem globalen Kontext ausweiten und verstärken zu können, um damit sicherzustellen, dass es wirklich offen für alle ist. Wir hoffen auch, dass sich dieses Dokument im Laufe der zahlreichen Diskussionen über Open Scholarship weiterentwickeln und dazu beitragen wird, nützliche Erkenntnisse sowohl für die globale Koordination der Sache, als auch für direktes Handeln vor Ort zu liefern. Wir glauben, dass dies ein wichtiger Schritt vorwärts ist, um Open Scholarship zur Norm werden lassen zu können.

Letztendlich erwarten wir, dass sich die Auswirkungen einer weit verbreiteten Übernahme von Open Scholarship vielfältig äußern werden. Wir erhoffen uns, dass neuartige Forschungspraktiken das Innovationstempo erhöhen und damit wichtige Industriezweige weltweit stimulieren können. Durch Open Scholarship wäre auch eine Zunahme des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Wissenschaft möglich, da Transparenz im Wissenschaftsprozess damit normativer wird. Daher erwarten wir, dass das Interesse an Open Scholarship aufgrund seines inhärenten Einflusses sowohl auf die Zivilgesellschaft als auch die Weltwirtschaft in Zukunft deutlich zunehmen wird.

2. Strategie

Unter Strategie wird in der Regel die Festlegung von Zielen, die Definition von Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele sowie die Mobilisierung von Ressourcen verstanden, welche zur Durchführung dieser Maßnahmen nötig sind. Eine Strategie beschreibt, wie die Ziele mit entsprechenden Mitteln (Ressourcen) erreicht werden können.

(Wikipedia, dt. Übersetzung: T.S.)

Um die bestehenden Herausforderungen zu meistern und unsere gesteckten Ziele zu erreichen sollten wir uns auf unsere gemeinsamen Stärken besinnen und auf diesen aufbauen. Im Folgenden haben wir drei zeitliche Hauptkomponenten (kurz-, mittel- und langfristig) einer Gesamtstrategie identifiziert, die als direkte Handlungsvorschläge auf individueller, Gruppen- und institutioneller sowie nationaler (oder höherer) Ebene genutzt werden können. Es muss hier betont werden, dass mit diesen Vorschlägen das komplexe Wissenschaftssystem und seine zahlreichen Verknüpfungen und Abhängigkeiten nicht in vollständigem Umfang abgebildet werden kann. Daher erachten wir es als notwendig, dass sich die unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen auch selbst auf ihren jeweiligen Ebenen damit auseinandersetzen, welche Aktivitäten in den entsprechenden Fachkulturen angemessen erscheinen. Hierzu kann diese Strategie als Basis für eine konstruktive Auseinandersetzung in der eigenen Fachkultur und darüber hinaus dienen.

Daher besteht eines der grundlegenden Ziele dieser Strategie darin, die Ausformung von Communities zu fördern, die sich gegenseitig durch gemeinsames, verteiltes und kollaboratives Lernen (bspw. über den Open Science MOOC) weiterbilden und Wissen zu aktuellen Entwicklungen in der Welt des Open Scholarship austauschen. Diese Communities haben unserer Ansicht nach den direktesten Einblick in die spezifischen Herausforderungen und können daraus direkt anwendbare Handlungsvorschläge generieren, um diese Herausforderungen zu meistern. Aus diesen Handlungsvorschlägen wiederum können mittelfristig neue Perspektiven auf die unterschiedlichen hierarchischen Ebenenen generiert werden, die dann in Entscheidungsfindungs-Prozesse einfließen können.

Wir stellen fest, dass diese Strategie aufgrund der Vielfalt der Akteure und Stakeholder sowie unterschiedlicher Perspektiven, Praktiken und Interessen kein Grundkonsensdokument sein kann. Daher wird die Priorisierung der verschiedenen Aspekte aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert. Eine Wirksamkeit wird sich dann einstellen, sobald Einzelpersonen und Communities verschiedene Teile dieser Strategie in ihren jeweiligen Kontexten entlang der Veränderung kultureller Normen hin zu offeneren Gegebenheiten realisieren können.

In der Tat sehen viele den Fortschritt der Open Scholarship-Bewegung in den vergangenen zwei bis Jahrzehnten als weitgehend substanzlos an; ein Faktor, der sicherlich auch mit einem Mangel an strategischer Planung und entsprechend gesteuerter Umsetzung zu tun hat.

Wir stellen ebenso fest, dass diese Strategie nur auf Informationen basieren kann, die uns als Kollektiv zum aktuellen Zeitpunkt vorliegen, und es ist sehr wahrscheinlich, dass es noch zahlreiche Initiativen, Policies und Programme, Tools und Plattformen gibt, die wir ungewollt übersehen haben. Ebenso kann es gut sein, dass schon bestehende Strategien hier nicht in Betracht gezogen wurden. Nichtsdestotrotz wollen wir mit diesem Dokument versuchen, unseren Strategieanansatz nach bestem Wissen und Gewissen mit Fakten und Argumenten zu untermauern; die entsprechenden Diskussionen dazu sind unter dem Strategie-Abschnitt in Sektion 5 zu finden.

2.1 Kurzfristige Strategie (>2 Jahre)

Individuelle Ebene

Abbildung 1: Kramer, Bianca, & Bosman, Jeroen (2018, Januar). Rainbow of open science practices. Zenodo. (CCBY)

Beachte, dass die folgenden Elemente der Strategie in die sechs Hauptkategorien der Grafik (Suche, Analyse, Schreiben, Publizieren, Outreach und Assessment) unterteilt ist, sofern relevant.

Suche

  • Suche nach vorhandenen offenen Datensätzen, die Du weiterverwenden / remixen kannst, anstatt selbst neue Datensätze zu erstellen.
  • Erwäge die Nutzung und Unterstützung offenerer Suchmaschinen wie Open Knowledge Maps anstelle der Nutzung proprietärer Dienste.
  • Stelle sicher, dass Deine Forschungsergebnisse leicht auffindbar und entweder in Zeitschriften, Websites oder anderen Repositorien veröffentlicht und mit entsprechenden Identifikatoren und Metadaten versehen sind.
  • Nutze RSS-Reader wie Feedly, um Nachrichten und Forschungsupdates aus einer Reihe von Quellen einfach zusammenzufassen.

Analyse

  • Verfolge einen breit angelegten Ansatz für die Vielfalt offener wissenschaftlicher Forschungs- und Bildungspraktiken (Practices of Open Science/Scholarship). Vgl. dazu bspw. die FOSTER Open Science Taxonomy.
  • Nutze Open Source-Software für die Durchführung von Forschung und Lehre und dokumentiere diese entsprechend, so dass die computerisierte Verarbeitung von der Wissenschaftscommunity überprüft werden kann, und so, dass die verwendeten Werkzeuge für alle verfügbar sind, um die Produktivität und Zusammenarbeit zu erhöhen. Zur Unterscheidung zwischen open, free, gratis und libre siehe z.B. OpenSource.com (englisch), Stallmann,2013 (englisch) oder Dobusch et al. 2011 (Kapitel 4) (deutsch).
  • Etabliere und fördere Praktiken der Wiederverwendung und des Remixes, um eine Open Scholarship-Kultur zu etablieren, die auf offener Zusammenarbeit und Austausch basiert.
  • Ziehe bei Bedarf auch die Vorregistrierung von Studien, die gemeinsame Nutzung von Protokollen und die Verwendung von Labornotizbüchern zur offenen Forschungsdokumentation in Betracht.

Schreiben

  • Biete selbst Hilfe bei der Beantwortung von Fragen in offenen Foren wie Ask Open Science, Stack Overflow, dem Open Science subreddit und/oder auf Twitter an.
  • Mache eigene Beiträge zu Openness in der Öffentlichkeit sichtbar (z.B. per Lebenslauf, offenen Plattformen oder einer persönlichen Webseite/Blog). Nutze diese als Basis, um Best Practice-Beispiele zu generieren.
  • Mache dich mit offenen, kollaborativen Schreibwerkzeugen wie bspw. Overleaf, HackMD und Google Docs vertraut.

Publizieren

  • Bekenne dich zu einer Vielzahl persönlicher offener Wissenschaftspraktiken wie z.B. dem Austausch von Forschungsdaten und -materialien in freien, offen lizenzierten Formaten, so dass Methoden und Ergebnisse von der breiteren Öffentlichkeit uneingeschränkt untersucht und genutzt werden können.
  • Am wichtigsten ist, dass Du mit der Bereitstellung deiner eigenen Arbeit in open access beginnst – dies ist fast immer auch kostenlos möglich.
    • Erwäge insbesondere, nur in APC-freien Open Access-Zeitschriften oder solchen, die von gemeinnützigen Organisationen oder Fachgesellschaften betrieben werden, zu publizieren.
  • Verpflichte dich, Präsentationen und Poster sowie alle Aufnahmen online über Plattformen wie Zenodo zu teilen.
  • Erwäge dabei auch, deine Arbeit schneller zu teilen, indem du Preprints verwendest.
  • Verweigere die Unterzeichnung von Urheberrechtsübertragungsverträgen (copyright transfer agreements – CTAs), es sei denn, Dir wird das Recht an der Weiternutzung Deines Werkes unter einer Creative-Commons-Lizenz Deiner eigenen Wahl eingeräumt.
    • Verwende sofern nötig das SPARC author addendum, um die Rechte an deinem Werk während der Veröffentlichung rechtswirksam zu behalten.

Outreach

  • Für Förderorganisationen, Regierungen und Forschungseinrichtungen: Übernahme von Richtlinien und Mandaten im Zusammenhang mit Open Scholarship-Praktiken jenseits von Open Access (OA) und Datenaustausch, z.B. zu Open Peer Review, Verwendung von Persistent Identifiers (PIDs), Open Research Evaluation und Preprints. Darüber hinaus Einsatz für offene Bildung / Open Education mit entsprechenden Praktiken, um die Verbreitung von Openness-Ansätzen unter Peers sowie den nachfolgenden Generationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu fördern.
  • Kooperiere und arbeite mit Forschenden zusammen, die verschiedene Aspekte von Open Scholarship praktizieren; diese können von der Entwicklung von Open Source-Software und -Werkzeugen bis hin zur Veröffentlichung von Preprints und der Förderung von Citizen Science und dem Austausch von Erfahrungen mit Ansätzen zu offener Bildung/Open Education reichen.
  • Entwickle und fördere eine offene, konstruktive Weltsicht (“open mindset”), die die Bedeutung des Forschungsprozesses in den Fokus rückt und eine offene Fehlerkultur zulässt.
  • Unterstütze den Aufbau von Support-Strukturen (z.B. offene Werkstatt-Angeboten, openLabs, walk-in Labs und andere Supportangebote, auch makerspaces im weiteren Sinne)(für einen aktuellen Überblick im deutschen Kontext, siehe Fachmagazin Synergie), die andere Personen auf dem Weg zu Open Scholarship begleiten. Dazu kann Unterstützung bei Fragen nach offenem Publizieren, Offener Lehre, Offenem Lernen und Offenem Forschen genauso gehören wie die Frage, welche Werkzeuge/Tools/Programme beispielhaft dafür zur Verfügung stehen und wie diese genutzt werden können (siehe Abbildungen 1 und 2 und Abschnitt Gruppenebene).
  • Baue Beziehungen zu anderen Akteuren, die an der Entwicklung von Open Scholarships beteiligt sind (z.B. Bibliothekare, politische Entscheidungsträger, Verlage und andere Dienstleister, Open Access-Befürworter und aktive Lehrkräfte sowie IKT- und andere Unterstützungspositionen für Wissenschaft und Bildung) auf bzw. vertiefe bestehende Beziehungen.
  • Als im Bildungskontext tätige Person: Unterzeichne die Cape Town Open Education Declaration, um dich der Einhaltung der drei Strategien der Erklärung als Teil des Lehr-, Lern- und/oder Arbeitslebens zu verpflichten.
  • Überlege, inwiefern du Initiativen der weltweiten Communities wie bspw. den Open Science MOOC unterstützen kannst, um Weiterbildungsangebote zu offenen Wissenschaftspraktiken in die Breite zu tragen.

Assessment

  • Hinterlasse konstruktive Kommentaren & Hinweisen zu Preprints/Code etc. mit offenen Werkzeugen wie hypothes.is,
  • Zeige sofern möglich eine positive Reaktion auf Anfragen zu open peer reviews.
  • Bitte darum, dass Materialien (Forschungsdaten, Software, etc.) offen verfügbar gemacht werden, um sie in Deinem Review-Prozess beispielsweise gemäß den Regeln der Peer Reviewers’ Openness Initiative verwenden zu können.
  • Unterzeichne die San Francisco Declaration on Research Assessment (DORA), um deutlich zu machen, dass Du dich der Verbesserung der Bewertung/des Assessment von Forschung verschreibst. Achte auch in der persönlichen Praxis auf die Einhaltung der DORA-Grundsätze.
  • Adaptiere das Leiden Manifesto als Vereinbarung zu Forschungsmetriken.
  • Beurteile Forschungsoutput nicht nach dem Impact-Faktor oder dem Ort der Veröffentlichung. Erwäge die Erstellung eines ImpactStory-Profils, um den eigenen Impact in Wissenschaft und Forschung besser zu dokumentieren.

Gruppenebene (z.B. Labore, Abteilungen)

Viele der auf der individuellen Ebene genannten Elemente werden auch hier weiterhin relevant sein und werden hier daher teilweise wiederholt, um diesen Umstand abzubilden.

Suche

  • Suche nach schon vorhandenen Datensets anderer Personen und Forschungsgruppen, die Sie wiederverwenden können, anstatt eigene un dann doppelt vorhandene Daten zu erstellen.
  • Erwäge die Nutzung und Unterstützung offenerer Suchmaschinen wie Open Knowledge Maps anstelle der Nutzung proprietärer Dienste.
  • Nutze RSS-Reader wie Feedly, um Nachrichten und Forschungsupdates aus einer Reihe von Quellen einfach zusammenzufassen.

Analyse

  • Adaptiere Best Practices für Open Scholarship, einschließlich gemeinsamer Daten als Forschungsergebnisse, die sich mit den Themen des “publication bias” sowie “fragwürdigen Forschungspraktiken” auseinandersetzen und bias-reduzierende Workflows als Alternative begreifen.
    • Mache Best-Practice-Beispiele als showcases sichtbar, um zu zeigen, was mit Open Scholarship tatsächlich möglich ist und was die weiteren Vorteile sein können.
  • Verfolge einen breit angelegten Ansatz für die Vielfalt offener wissenschaftlicher Forschungs- und Bildungspraktiken (Practices of Open Science/Scholarship). Vgl. dazu bspw. die FOSTER Open Science Taxonomy.
  • Am wichtigsten ist, dass Du mit der Bereitstellung deiner eigenen Arbeit in open access beginnst – dies ist fast immer auch kostenlos möglich.
  • Nutze Open Source-Software für die Durchführung von Forschung und Lehre und dokumentiere diese entsprechend, so dass die computerisierte Verarbeitung von der Wissenschaftscommunity überprüft werden kann, und so, dass die verwendeten Werkzeuge für alle verfügbar sind, um die Produktivität und Zusammenarbeit zu erhöhen. Zur Unterscheidung zwischen open, free, gratis und libre siehe z.B. OpenSource.com (englisch), Stallmann, 2013 (englisch) oder Dobusch et al., 2011 (Kapitel 4) (deutsch).
  • Etabliere und fördere Praktiken der Wiederverwendung und des Remixes, um eine Open Scholarship-Kultur zu etablieren, die auf offener Zusammenarbeit und Austausch basiert.
  • Ziehe bei Bedarf auch die Vorregistrierung von Studien, die gemeinsame Nutzung von Protokollen und die Verwendung von Labornotizbüchern zur offenen Forschungsdokumentation in Betracht.

Schreiben

Publizieren

  • Verweigere die Zusammenarbeit mit Verlagen, die über restriktive Preprint-, Open-Access- und Urheberrechtsrichtlinien verfügen oder sich anderweitig antagonistisch gegenüber fortschrittlichen Open Scholarship-Praktiken und -richtlinien positionieren.
  • Verpflichte dich, Forschungsoutput über Preprints offen und schnell verfügbar zu machen.
  • Stelle sicher, dass aller unterstützender Codes, Daten und andere relevante Informationen neben den veröffentlichten Hauptbeiträgen zur Verfügung gestellt werden.

Outreach

  • Mache Open Scholarship-Hotspots (d.h. Orte, Events oder Gruppen für einen regelmäßigen Austausch und die Diskussion über Community Building) ausfindig und finde einen Weg, diese miteinander in Kontakt und Austausch zu bringen, um Zusammenhalt und Expansion der Community zu fördern.
  • Sollte ein solcher in Deiner Nähe noch nicht existierten: Richte einen lokalen Open Scholarship-Hotspot (z.B. über die Meetup-Plattform) ein.
  • Nutze diese nationalen/internationalen/regionalen Gemeinschaften, um das Lernen und den Wissensaustausch über Open Scholarship-Praktiken auf niedrigschwelliger Ebene, insbesondere in unterschiedlichen kulturellen Umgebungen, zu unterstützen.
  • Starte Diskussionen zu einem impliziten oder expliziten (gemeinsamen) Open Science/Open Scholarship-Verhaltenskodex oder einer entsprechenden Satzung für Ihre Abteilung, Ihren Fachbereich, etc. Als Inspiration können schon bestehende Kodizes wie bspw. der Contributor Covenant dienen.
  • Stelle sicher, dass Rechtsexpertinnen und -experten zum Themenfeld Open Scholarship zur Verfügung stehen, die bei Fragen zu Lizenz- und Urheberrecht sowie der richtigen Nutzung von Creative Commons-Lizenzen behilflich sein können. Im deutschsprachigen Kontext kann zur Rechtsfragen und -Beispielfällen bspw. das Portal irights.info eine hilfreiche Anlaufstelle sein.
  • Binde Kommunikationsabteilungen und Forschungs-Assessment-Beauftragte enger mit ein. Organisiere Sitzungen, um diese Stakeholder über Open Science und Open Scholarship zu informieren. Sei dir dabei der Tatsache bewusst, dass es für Mitarbeitende dieser Bereiche bedeuten kann, dass sie ihre eigene Sichtweise zu Wissenschaft, deren Handlungsfeldern sowie ihrer eigenen Rolle in diesem Wissenschaftssystem neu ausrichten werden.
  • Stoße Debatten über sinnvolle Standards und Praktiken auf fachlicher Ebene für die Veröffentlichung von Daten in Deiner Institution und darüber hinaus an (z.B. die Einhaltung der FAIR-Prinzipien). Achte bei der Er- und Bereitstellung von OER auf die Gewährleistung der “Fünf V-Freiheiten”.
  • Verbessere den Austausch zwischen Fakultätsbeiräten, Forscherinnen und Forschern, Studierenden und Bibliotheksmitarbeitenden in Bezug auf Open Scholarship-Praktiken (siehe Abb. 1 und 2) und deren zugrundeliegenden Prinzipien.
  • Ziehe z.B. den Begriff der Expert User Communities von Hartley et al. 2019 in Betracht; dieser könnte auch erweitert werden, um nicht nur Open Access publishing umfassen, sonder auch auf andere Open Science und Scholarship-Tools, -Dienste und entsprechende Communities in den verschiedenen Bereichen des Open Scholarship ausgeweitet werden.

Assessment

  • Halte Fürsprache bei Entscheidungsträgern von wissenschaftlichen Zeitschriften, Verlagen, Förderern, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, um eine Vielzahl von Open Scholarship-Aktivitäten anzuerkennen und zu belohnen, insbesondere im Hinblick auf Forschungsevaluation und Open Education Policies.
  • Nimm Gespräche mit Anbietern von Hochschulranking-Diensten (z.B. QS, Times Higher Education (im Kontext UK), CHE (im Kontext DE)) auf, um ein Offenheitselement in die zugrundeliegenden Indikatoren zu integrieren.

Institutsebene (einschließlich Forschungs- und Fördereinrichtungen sowie Fachgesellschaften)

Teilen

  • Lote Möglichkeiten aus, wie proprietäre Software zeitnah durch Open-Source-Alternativen ersetzt werden können.
  • Fordere von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, dass Sie mit offenen Standards und Dateiformaten arbeiten (entweder ausschließlich oder zusätzlich zu proprietären Standards und Dateiformaten).

Publizieren

  • Verschaffe Dir einen aktuellen, koordinierten Überblick darüber, zu welchem Zeitpunkt welche Abonnements und Lizenzvereinbarungen über Forschungsinstitutsgrenzen hinweg auslaufen, und lasse dies geschehen. Wo immer Stornierungen oder Kündigungen von Abonnements auftreten, ist sicherzustellen, dass ein angemessener Zugang zu Artikeln und entsprechender Support nach Auslauf des Abonnement unter Nutzung bestehender legaler Mechanismen (z.B. Fernleihe) gewährleistet wird.
    • Stelle sicher, dass entsprechend notwendiger Austausch und Koordination zwischen Bibliotheken und relevanten Dritten sichergestellt ist, damit die eingebundenen Bibliotheken ihre qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und Kernaufgaben unterbrechungsfrei ausführen können.
    • Erkundige dich nach Wegen zur Reinvestition von eingesparten Mitteln in nachhaltige Bibliotheksbudgets.
  • Kaufe Altdokumente von Verlagen zurück und binde sie in den offenen wissenschaftlichen Gesamtkreislauf ein. Verbessere zudem die offene Verfügbarmachung und Archivierung von Werken, deren Urheberrecht abgelaufen ist.
  • Hilf Forschenden, sich über Möglichkeiten einer “Termination of Transfer” (nach der Definition der Authors’ Alliance) zu informieren, um ihnen Wege aufzuzeigen, ihre Autorenrechte behalten zu können. Hier sei insbesondere auch auf das Termination of Transfer Tool hingewiesen.
  • Forschungsförderinstitutionen können Grenzen eines für sie akzeptablen Publikationsstandards definieren. Sie können daher auch darauf hinwirken, Veröffentlichungen in wiss. Journals mit einer Obergrenze für APCs und BPCs zu belegen, oder Veröffentlichungen bei reinen Open Access-Verlagen (mit OA-spezifischen Lizenzen) oder in solchen mit vergleichsweise kurzen Embargofristen (mit klarer Präferenz eines Null-Embargos) zur Selbstarchivierung (grünes OA, z.B. Emerald, The Royal Society im britischen Kontext) zu verlangen.
  • Weigere dich, mit Verlagen zusammenzuarbeiten, die sog. “Double Dipping” praktizieren, und fordere Transparenz und die Bereitstellung entsprechender Daten, falls der Verdacht besteht, dass dies der Fall ist (für einen Überblick siehe z.B. Buranyi, 2017).
  • Weigere dich, mit Verlagen zusammenzuarbeiten, bei denen es keine Transparenz über das Preismodell für Abonnements oder Open Access gibt. Dies gilt auch für Verlage, die auf Vertraulichkeitsvereinbarungen als Teil der Lizenzvertragsbedingungen bestehen.
    • Wirke im Dialog mit Verlagen darauf hin, mehr Transparenz in Bezug auf die finanziellen Aspekte ihrer Publishing-Workflows zu etablieren. Als Positiv-Beispiel kann hier Ubiquity Press dienen.
    • Weigere dich, mit Verlagen zusammenzuarbeiten, die über restriktive Preprint-, Open Access- und Copyright-Richtlinien verfügen.
  • Bestehe darauf, dass Verlage alle bibliographischen Daten, Nutzungsmetriken und Zitationsdaten sowohl in für Menschen lesbaren als auch in einem maschinenlesbaren Format frei verfügbar und zugänglich machen.
  • Wirke auf eine Entwicklung von Richtlinien zur Wahrung von Rechten für Forschung an Forschungsinstituten hin, an denen diese derzeit noch fehlen.
  • Erwäge eine Adaption der CASRAI CRediT (Contributor Rules Taxonomy)-Richtlinien, um Beiträge der Autorinnen und Autoren in Journals klarer zu identifizieren und darüber hinaus zusätzlich die Beiträge von Autorinnen und Autoren anderer Forschungsmaterialien (Daten, Software, etc.) so eindeutig wie möglich zu identifizieren.
  • Fördere die Verbreitung der Initiative for Open Citations (I4OC) bei Verlagen gemeinsam mit einer grundlegenderen Förderung der breiten Akzeptanz offener Standards.
  • Für Forschungsinstitutionen, an denen sie derzeit fehlen: rege die Einrichtung und nachhaltige Pflege eines Open Access-Repository an oder identifiziere schon vorhandene Ressourcen, die für diesen Zweck genutzt werden können. Führe zudem eine Open Access-Policy ein und mache diese auf der institutionellen Website und allen relevanten Indexierungsdiensten leicht auffindbar und zugänglich.

Outreach

  • Forschungsbibliotheken sollten generell Informationen darüber sammeln, wie der Forschungssektor als Ganzes mit Forschungsliteratur interagiert. Folgende Informationen könnten sich als hilfreich bei Verhandlungen mit Verlagen erweisen und Argumentationshilfen für das Aufbrechen von Sammelverträgen und Groß-Abonnements liefern, indem sie den branchenübergreifenden Wert von Diensten belegen:
    • Welche Journals und Verlage wählen Forschende für ihre Publikationen?
    • Wer leistet tatsächlich redaktionelle sowie Peer-Review-Arbeit?
    • Welche Summen werden für Journal-Abonnements ausgegeben?
    • Welche Summen werden im Bereich Open Access für Artikelbearbeitungsgebühren bzw. article processing charges (APCs) und Buchbearbeitungsgebühren / book processing charges (BPCs) ausgegeben?
    • Welche Artikel werden tatsächlich heruntergeladen und zitiert?
  • Ermögliche und fördere lokale Supportstrukturen wie Openlabs, Makerspaces und Lern-, Orientierungs- und Beratungsangebote für Open Publication, Open Science und Open Education.

Assessment

  • Arbeite mit Forschungs-Communities zusammen, um quantifizierbare Anreize für den Austausch von Preprints, Open Data, reproduzierbaren Analysedaten und Open Access generell bei Einstellungs-, Beförderungs- und Berufungsverfahren zu entwickeln und zu bewerben. Definiere neue Wege, um die Vorteile dieser Anreize der breiteren Wissenschaftcommunity verständlich zu machen.
  • Adaptiere und fördere die in DORA festgelegten Prinzipien für ein gerechteres Assessment von Forschung. Stelle sicher, dass die für diese Art von Assessment Verantwortlichen, einschließlich Einstellungs-, Berufungs- und Förderausschüsse, sich an diese halten.
  • Unterstütze die Förderung und leiste entsprechende Kompensation von investierter Zeit und Arbeit für Trainings- und Interessensvertretungstätigkeiten zu den verschiedenen Aspekten von Open Scholarship, einschließlich Open Source, Open Access und Open Education.
  • Überlege, ob das niederländische Pradigma der researchers’ portfolios nicht spannend für Deine Community sein könnte.

Nationale Ebene (oder darüber hinaus)

Suche

  • Führe moderne Sortier-, Filter- und Suchtechnologien (semantic web) für allen bereitzustellenden Wissenschafts-Output ein.
    • Ermögliche uneingeschränktes Text- und Data-Mining für diese Inhalte.

Schreiben

  • Wirke auf die Verwendung von ORCID-Identifiern für Forschende im gesamten Forschungsoutput hin, um eine persistente Identifizierung von Autorinnen und Autoren in der gesamten Forschungsliteratur zu unterstützen und die Auffindbarkeit von Forschungsergebnissen zu erleichtern.

Publizieren

  • Baue auf die Unterstützung von Mitarbeitenden und Geldgebern für Open Access und damit verbundene Qualitätssicherungsinitiativen (z.B. Peer Review), die vom Verlags- und Journal-Kreislauf entkoppelt sind.
    • Vereinbare eine Governance-Struktur, die weltweite Infrastrukturen (z.B. W3C) mit einbezieht, und entwickle diese kontinuierlich weiter.
  • Schaffe wissenschaftliche Standards zur Implementierung einer gemeinnützigen non-profit Publikationsplattform/-umgebung (unter Einsatz der durch ausgelaufene Abonnements freigewordenen Mittel, und aufbauend auf bestehenden offenen Repositorien, Umgebungen und genereller offener digitaler Forschungsinfrastruktur).
  • Erwirke eine Reduzierung der Artikelbearbeitungsgebühren/article processing charges (APCs) und Buchbearbeitungsgebühren/book processing charges (BPCs) bei Hybrid-Titeln, um dem Marktdurchschnitt für reine Open Access-Zeitschriften und Verlage zu entsprechen. (HINWEIS: Mit dem neuen Finanzierungsinstrument von HorizonEurope sind Veröffentlichungen in Hybrid-Journals nicht zulässig).
    • Der wissenschaftliche Publikationsmarkt könnte eine detaillierte Untersuchung auf Regierungsebene erfordern, um dies nachhaltig zu stabilisieren.
  • Sofern Journal-Abonnements noch nicht abgelaufen sind, erwirke Ausgleichsvereinbarungen für Hybrid-Journals (OA/non-OA), um Double-Dipping seitens der Verlage zu reduzieren.
  • Wo Ausgleichs- und/oder Kompensationsvereinbarungen bestehen, können diese gestrafft und sektorübergreifend standardisiert werden, um den anfallenden Verwaltungsaufwand zu reduzieren.
  • Arbeite darauf hin, dass Wissenschaftsverlage sich mit der neuen UK Scholarly Communications License auseinandersetzen, die es Autorinnen und Autoren ermöglicht, weitergehende Rechte an ihren publizierten Werken zu behalten.
    • Dies reduziert den Zeitaufwand für Embargofristen und deren Verwaltung sowie die Kosten für hybride APCs und BPCs. Forschende im Vereinigten Königreich/UK können zudem dabei unterstützt werden, die UKRI Open Access policy zu beachten und einzuhalten.
    • Forschende, die nicht im Vereinigten Königreich ansässig sind, können darauf hinwirken, eine auf die Förderungs- und Lizenzierungsanforderungen anderer Regionen erweiterte Adaption des UKSCL (oder relevanter Variationen davon) zu erarbeiten und einzuführen.
  • Führe sektorübergreifend eine bedingungslose Gebührenbefreiung für Forschende aus Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen oder mit nachweisbarem finanziellem Bedarf ein.
  • Wandle (oder flippe) die Mehrheit der verfügbaren wissenschaftlichen Journals vom Bezahl-/Abonnement-Modell hin zu Open Access entsprechend den Befürfnissen der entsprechenden Wissenschaftscommunities.

Outreach

  • Schaffe neue oder trete in Kontakt mit bzw. unterstütze bestehende internationale Bibliothekskonsortien/-Kooperationen (z.B. die International Coalition of Library Consortia)), um bei der Infrastrukturentwicklung zusammenzuarbeiten (z.B. LIBER, EIFL, ARL und SPARC)/SPARC Europe.
  • Werde Mitglied bei der Global Sustainability Coalition for Open Science Services (SCOSS), und erörtere eine mögliche Koalition mit der Open Research Funders Group.
    • Sich Unterstützung von SPARC (s.o.) zu holen ist sicherlich auch förderlich.
    • Insbesondere für den europäischen Raum und mit Schwerpunkt auf den Long Tail von Wissenschaft und Forschung könnte OpenAIRE Lösungen zur Herstellung von Interoperabilität für institutionelle Repositorien bereitstellen und deren Sichtbarkeit verbessern.
    • Ziehe aktuelle Entwicklungen zum Europäischen Plan S für deinen spezifischen nationalen oder regionalen Kontext in Betracht. Beachte dazu insbesondere, was getan werden kann, um eine Implementierung von Plan S in deinem Kontext voranzubringen. Weiterführende Literatur: Kramer & Bosman, 2018 oder die Sammlung von im Open Access Tracking Project gesammelten Beiträgen.
  • Unterstütze Kooperationen wie Metadata 2020,, NISO/NIST und eLife,, um wissenschaftlichen Kommunikationssystemen und Communities besser miteinander zu vernetzen.
  • Initiiere Maßnahmen gegen die Privatisierung wissenschaftlicher Publikationen und Prozesse, um eine Veränderung der Verlagsbranche hin zu einem Verlagssystem zu erreichen, das auf faire Lizenzierung, fairen Wettbewerb und der Einhaltung der Eigentumsrechte der wissenschaftlichen Gemeinschaft setzt.
  • Wirke an der Entwicklung nachhaltiger Roadmaps für Open Scholarship auf regionaler und nationaler Ebene mit.
    • Dies beinhaltet die weitergehende Adoption von Preprint- und Open Access-Policies ähnlich denen der NIH (USA) und des Wellcome Trust (UK).
  • Ermutige Forschungsförderer bei der Entwicklung von Aufrufen zur Unterstützung von evidenz- und theoriebasierten Interventionen zur Förderung von Open Scholarship.
    • Fördere Studien, die anhand von behavior change theory die Kriterien und Einflussfaktoren des aktiven Engagements in unterschiedlichen Open Scholarship-Feldern und -Praktiken untersuchen (bspw.um zu erforschen, wieso manche Forschenden wiederholt und routiniert Preprints veröffentlichen, während andere sich dieser Praktik verschließen…)
    • Fördere Studien, die anhand der stakeholder theory Herangehenweisen untersuchen, wie vermehrt Open Scholarship-Policies an Foschungs- und Bildungsinstitutionen etabliert werden können.
  • Lade alle relevanten Akteure einschließlich Universitäten, Forschungseinrichtungen, Fachgesellschaften, Geldgeber, Bibliotheken und Verlagen dazu ein, konstruktiv an einem Übergang zu offenen Forschungs- und Bildungsspraktiken zum Nutzen der Wissenschaft und der Gesellschaft insgesamt mitzuwirken.
    • Erstelle Showcases und Good Practice-Beispiele von Open Scholarship-Praktiken auf nationalen Websites oder Portalen, zusammen mit relevanten Informationen und Ressourcen.
    • OpenAIRE National Open Access Desks (NOADs) arbeitet bereits daran und könnte hierzu Input liefern und die Kommunikation zwischen allen Beteiligten bei der Erstellung nationaler Leitfäden erleichtern.
  • Fördere die vereinheitlichte Erstellung und Bereitstellung von Open Science-Trainingskursen in Graduiertenschulprogrammen und darüber hinaus. Als Beispiel kann das Open Science-Toolkit von FOSTER oder der OpenScienceMOOC dienen.

Assessment

  • Erstelle eine Kosten-Nutzen-Analyse zu Open Scholarship (z.B. Übersicht der tatsächlich anfallende Kosten der Veröffentlichung von Artikeln), die als Grundlage für die Auseinandersetzung mit der Frage dienen kann, welche Summe an Steuergeldern jedes Jahr dadurch ausgegeben werden, wenn zu treffende Entscheidungen in den oben genannten Bereichen weiter verzögert werden.
  • Forschungsförderungs-Institutionen und Bibliotheken halten zumeist den größten Teil der verfügbaren Mittel unter ihrer Kontrolle. Daher ist weitergehendes Engagement dieser Stakeholder unerlässlich, insbesondere bei der Definition ihres diesbezüglichen Rollenverständnisses bei der Entwicklung und Finanzierung von Wissenschafts-Infrastruktur.
    • Ein “Einfach weiter so”, mit dem wie bisher Geld in das bestehende System mit kontraindizierten Anreizen und verzerrter Machtdynamik geleitet wird, ist für die Forschung insgesamt nicht mehr tragbar.
  • Ermutige an der Forschungsförderung Beteiligte zur Diversifizierung des Portfolios dessen, was für Assessment-Zwecke als Forschungsergebnis angesehen wird.
  • Fördere die in DORA dargelegten Grundsätze für ein gerechteres Assessment von Forschungsleistungen, und adaptiere diese an Dein eigenes Umfeld. Stelle sicher, dass die für Forschungs-Assessment Verantwortlichen, einschließlich der Einstellungs- und Berufungsausschüsse sowie für die Vergabe von Grants und Forschungszuschüssen verantwortlichen Komitees, sich an diese halten.

2.2 Mittelfristige Strategie (2-5 Jahre)

Zu gegenwärtigen Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass Teile der kurzfristigen Strategie auf der Grundlage der Bedürfnisse der jeweiligen Gruppen bereits eingeleitet wurden und sich entweder in der Umsetzung oder in der vorbereitenden Entwicklung befinden. Häufig handelt es sich um fluide und kontinuierliche Prozesse, die sich mit der mittelfristigen Strategie überschneiden können und daher an dieser stelle nicht explizit wiederholt werden. Alle in der Kurzfristigen Strategie genannten Punkte sind daher je nach Entwicklungstempo genauso relevant.

Individuelle Ebene

  • Arbeite weiterhin an der Einführung neuer Forscher/innen in Best Practices zum Thema Open Scholarship.
    • In Bereichen, in denen dies bisher noch nicht der Fall ist, könnte der Aufbau strategischer Netzwerke zur Lobbyarbeit für Openness verstärkt werden.
  • Stelle sicher, dass alle Forschungsprozesse und -ergebnisse im persönlichen Umfeld, einschließlich früherer Publikationen und Forschungsdaten, offen lizenziert und für die Wiederverwendung an geeigneten Orten verfügbar sind.
  • Entwickle Workflows, die auf die Vorteile von Open Scholarship-Praktiken setzen, um die vergleichsweise höhere Effizienz im Vergleich zu herkömmlichen Workflows in proprietären Systemen im Best Practice-Sinne sichtbar zu machen.
  • Fördere weiterhin Innovationen in neuen Forschungsprozessen und Arbeitsabläufen, wenn neue Dienstleistungen, Absatzmöglichkeiten und Technologien verfügbar werden.
  • Nutze semantische Web-Technologien, um bereits existierende und neu entwickelte Forschungsergebnisse zu verbreiten; dies kann bspw. Tagging (siehe z.B. Ansätze wie OATP, Netzwerk-Visualisierungen wie das Publikations-Netzwerk zum Themenbereich Offenheit und Bildung von DeVries, Rolfe, Jordan und Weller, 2017, oder die Kommentierung/Annotation bestehender Inhalte bspw. mit Hypothes.is beinhalten.
  • Entwickle die in der kurzfristigen Strategie (Abschnitt 2.1) genannten Aspekte weiter.

Gruppenebene

  • Wirke an der Schaffung einer umfassenden Mechanismen-Sammlung mit, die eine vollständige Öffnung der Forschungsprozesse für die Öffentlichkeit ermöglichen (bspw. kein Mitziehen von inhaltlich unbeteiligten Autor*innen, keine “menschlichen Verarbeitungseinheiten” mehr usw.).
  • Binde alle Gruppenmitglieder in die Entwicklung von Open Scholarship-Workflows ein, die die Vorteile einer sich stetig weiterentwickelten Wissenschafts-Infrastruktur und darin enthaltener Tools nutzten.
    • Die European Open Science Cloud (EOSC) zielt darauf ab, eine sichere Umgebung mit föderierten Diensten und Tools für Open Science zu schaffen.
    • Stelle sicher, dass alle Gruppenmitglieder in einer Vielzahl von relevanten Fähigkeiten und Fertigkeiten geschult werden; dazu kann öffentliches Engagement und die Entwicklung von Policies und Richtlinien genauso zählen wie die Durchführung von Datenanalysen, Webentwicklung oder die Förderung von Citizen Science und Wissenschaftskommunikation.
  • Ermögliche Einblicke sowohl in lokale als auch darüber hinausgehende Entwicklungen und Erfolgsgeschichten aus der gelebten Praxis des Open Scholarship.
  • Setze den Aufbau und die Stärkung der lokalen Open Scholarship-Communities gewissenhaft fort und binde Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Studierende mit ein.
  • Entwickle die in der Kurzfriststrategie (Abschnitt 2.1) genannten Aspekte weiter.

Instituts- / Arbeitsbereichs-Ebene

  • Implementiere Opt-Out-Automatisierung und One-Click-Übermittlung zu lokalen oder anderen Repositorien als Teil des Journal-Publikationsprozesses.
    • Implementiere eine Opt-Out-Automatisierung der Ablage von Forschungsdaten unter standardmäßig offenen Lizenzen (bspw. CC0, CC BY).
    • Implementiere eine Opt-Out-Automatisierung von Code-Accessibility-Features sowie einer Versionskontrolle unter standardmäßig offenen Lizenzen.
    • Implemente den Mechanismus einer One-Click-Einreichung in vorhandenen Repositories (siehe HAL) oder adaptiere bestehende Tools, umd diesen Zweck zu erreichen (bspw. Dissemin).
    • Befülle offene Repositorien retroaktiv mit Volltexten aller Werke, die den Status der Gemeinfreiheit erreicht haben, unter entsprechenden offenen Lizenzen veröffentlicht wurden oder eine freie Verfügbarmachung anderweitig durch Copyright-Ausnahmen und andere Richtlinien ermöglicht wird. Unterstütze zudem Autorinnen und Autoren, dasselbe für weitere und zukünftige Werke zu tun.
  • Nutze eingesparte Ressourcen, die derzeit für Abonnements von Zeitschriftenabonnements ausgegeben werden, zur Ausfinanzierung von Fonds zur Unterstützung nachhaltiger Open Access-Geschäftsmodelle, wissenschaftlicher Infrastruktur und anderer relevanter Support-Dienste.
  • Entwickle und vermittle Kurse zu den verschiedenen Praktiken des Open Scholarship bzw. biete diese selbst an (z.B. als grundständiges Angebot an Seminaren/Workshops von Graduiertenkollegs).
  • Setze die Zusammenarbeit mit anderen Forschungsinstituten fort, um Ressourcen, Infrastruktur und Dienstleistungen auf nachhaltigere Art und Weise zu nutzen.
  • Arbeite mit Forschungsförderern zusammen, um explizite, verpflichtende Mandate in Bezug auf Open Scholarship durchzusetzen und stelle dabei sicher, dass die akademische Freiheit dabei nicht beeinträchtigt wird.
  • Setze weiterhin exklusiv nur auf eine Zusammenarbeit mit Verlagen und anderen Anbietern, die ihr Angebot über progressive, offene Dienste, Tools und Richtlinien zur Verfügung stellen.
  • Verpflichte dich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen innerhalb deines Institutes oder Arbeitsbereichs zum offenen Austausch von Daten und Metriken über Forschungsaktivitäten, -aufzeichnungen und -verhalten auf Ebene des Instituts oder Arbeitsbereichs.
  • Stelle weiterhin sicher, dass Policies zur Bewertung von Forschungsergebnissen/output auf allen Ebenen sowohl evidenzbasiert kontrolliert als auch von allen Forschenden eingehalten werden.
  • Entwickle ein Äquivalents zu den CASRAI CRediT (Contributor Rules Taxonomy)-Guidelines, um die Beiträge von Autorinnen und Autoren von Forschungsprodukten jenseits klassischer Journal-Publikationen (bspw. Daten, Software, Illustration/Layout, usw.) so klar wie möglich zu identifizieren.

Nationale (oder höhere) Ebene

Analyse

  • Beginne mit der Implementierung semantischer Technologien über alle Bereiche des Forschungsdaten und -outputprozesses, insb. auch mit dem Ziel, offenes Text- und Data-Mining zu ermöglichen.

Publizieren

  • Für alle verbleibenden Hybrid-Journals, die einen höheren Open Access-Anteil über Artikel-Abonnements erreichen: wirke darauf hin, dass diese Journals über die Implementierung von Article Processing Charges (APCs), welche die tatsächlichen laufenden Kosten dieses Journals widerspiegeln, zu reinen Open Access-Journals gemacht werden.
    • Für verbleibende Hybrid-Journals, die dieses Niveau nicht erreicht haben: lehne eine Veröffentlichung von Open Access-Artikeln in diesen Unternehmungen ab, und trage dafür Sorge, dass Abonnements dieser Journals nicht erneuert werden. (siehe dazu bspw. HRK 2018)

Outreach

  • Erhöhe die Mittelbereitstellung zur Aktivierung von einer Vielzahl von Zielgruppen, insbesondere mit Blick auf unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen.
  • Stelle Fördermittel für weitergehende Forschung im Bereich Open Scholarship bereit.
  • Stelle Fördermittel für die Entwicklung von Interventionsansätzen bereit, welche Einzelpersonen und Institutionen motivieren können, um Open Scholarship-Praktiken und -Policies zu adaptieren.
  • Binde Bibliothekskonsortien (z.B. LIBER, EIFL) eng in nationale Verhandlungskonsortien und alle relevanten Hochschulgewerkschaften mit ein, um Wissenschaftskoalitionen zu stärken. Erweitere diese durch die Einbindung von wissenschaftlichen Kollaborationsplattformen (z.B. eLife, NISO), um Netzwerke und Zusammenarbeit im Feld der Wissenschaftskommunikation weiter auszubauen.
  • Lege den Grundstein für eine Implementierung nationaler oder internationaler Forschungs-Infrastrukturen, innerhalb derer sich alle beteiligten Stakeholder auf die Einhaltung offener Standards, entsprechende Roadmaps und Governance-Strukturen einigen. Stelle sicher, dass dies durch nachhaltige Finanzierung unterstützt wird, welche aus in Bibliotheksbudgets durch die Beendigung oder das Auslaufen teurer Verlagsverträge freiwerdenden Finanztöpfen refinanziert werden können.
  • Stelle alle Ergebnisse offen zur Verfügung, die sich aus Forschung oder Untersuchungen zum Status nationaler Märkte von Wissenschaftsverlagen ergeben.

Assessment

  • Formuliere empfohlene Karrieremetriken, die zur Veröffentlichung von Open Data, Open Materials, Open Source Softwarereleases und Peer Support in Wissenschaft und Forschung anregen.
    • Entwickle wiss. Laufbahnkennzahlen, die der Veröffentlichung von Open Data und anderen offenen Materialien (auch OER) sowie der Veröffentlichung von Open Source-Software und die Unterstützung offener Forschung Rechnung tragen.
    • Entwickle wiss. Laufbahnkennzahlen, die Aktivitäten der Kandidatinnen und Kandidaten im Bereich des offenen Lernens und Lehrens bzw. Open Education mit einbeziehen.
    • Stelle sicher, dass gerechte und stringente Policies zur Bewertung von Forschung implementiert und überprüft werden und sorge für eine breite Unterstützung dieser durch das Kollegium.

2.3 Langfristige Strategie (5-10 Jahre)

Zu diesem Zeitpunkt wird erwartet, dass bestimmte Teile der kurz- und mittelfristigen Strategien auf der Grundlage der Bedürfnisse der jeweiligen Gruppen initiiert wurden und sich entweder in der laufenden Umsetzung oder in der Entwicklung befinden. Häufig handelt es sich dabei um laufende Prozesse, die sich mit der langfristigen Strategie überschneiden können daher hier nicht wiederholt werden sollen. Alle in der Kurzfristigen Strategie und der Mittelfristigen Strategie genannten Punkte sind jedoch je nach Entwicklungstempo weiterhin relevant.

Individuelle Ebene

  • Unterstütze die grundlegende Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern im Einsatz anhand entsprechender Best Practice-Beispiele neu entwickelter Tools und Dienste.
  • Unterrichte Studierende im Einsatz offener Labor-Notebooks, Versionskontrolle, kontinuierlicher Analyse sowie anderer Aspekte von Open Scholarship-Prozessen in einführenden Kursen zu Forschungsmethoden und Ethik.
    • Der Open Science MOOC ist eine skalierbare, communitygeleitete Initiative, um in diesem Bereich zu helfen.
    • The Carpentries könnten die Ausbildung von Nachwuchsforschenden in den Bereichen grundlegender Kodierung und Data Science unterstützen.
    • Die RDA Early Career and Engagement Interest Group könnte durch ihr Mentorship-Programm und andere Aktivitäten auch Studierende und Nachwuchsforschende in Open Science-Fragen unterstützen.
  • Entwickle offene Schulungs- und Informationsmaterialien (OER) für die Weiterentwicklung von Open Scholarship (siehe dazu beispielhaft FOSTER Training)
  • Führe die aktive Vernetzungsarbeit zwischen den Open Scholarship-Communities fort, um interdisziplinäres Engagement und Zusammenarbeit zu stärken.
  • Entwickle Elemente der kurz- und mittelfristigen Strategien stetig weiter.

Gruppenebene

  • Setze die Erprobung neuer und Weiterentwicklung schon etablierter Open Scholarship-Workflows fort, um auch Elemente neu entstehender Forschungsinfrastruktur weiter zu integrieren.
  • Kommuniziere die Vorteile und mögliche Auswirkungen der Einführung von Open Scholarship-Workflows an bisher unerschlossene Gruppen, und stelle erste formalisierte Trainingsangebote für diese zur Verfügung.
  • Setze die Weiterentwicklung der kurz- und mittelfristigen Strategien fort.

Instituts- und Abteilungs-Ebene

  • Richte einen permanenten Fonds für nachhaltigere Projekte, einschließlich Open Source-Softwareentwicklung, APCs und BPCs, Preprint-Server und andere Kosten im Zusammenhang mit Open Scholarship ein.
  • Schaffe Anreize dafür alle Forschungsergebnisse Open Access zu veröffentlichen – dies kann Grünes OA (repositories) oder Gold OA (Journals oder andere digitalen Plattformen) beinhalten.
  • Schaffe Anreize für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, in all ihrem wissenschaftlichen Wirken – einschließlich Forschung und Lehre – Offenheit zu praktizieren.
  • Entwickle die Aspekte der kurz- und mittelfristigen Strategien weiter.

Nationale (oder höhere) Ebene

  • Beteilige dich an der Entwicklung von offenen, innovativen Lösungen und Funktionalitäten, die es heute noch nicht gibt.
  • Setze die Veröffentlichung von öffentlich geförderter Forschung in Open Access-Zeitschriften oder Open Plattformen bzw. Repositorien als unbedingt erforderlichen Grundstatus. Verhänge Strafen für diejenigen, die sich nicht an dieses Mandat halten.
  • Eliminiere den durch die Praktiken des “publish or perish” entstehenden Druck, indem auf vielfältigere Forschungsergebnisse und -prozesse für Evaluations- und Bewertungskriterien fokussiert wird.
  • Unterstütze Forscherinnen und Forscher dabei, Kontrolle über diejenigen Forschungs- und Evaluierungsprozesse zu erhalten, die ihrer Meinung nach am meisten zum wissenschaftlichen Fortschritt in der eigenen Disziplin und darüber hinaus beitragen werden.

3. Was ist Open Scholarship?

Mit ideologischen Wurzeln in vielen Openness-Bewegungen, die bis in die Zeit der Aufklärung zurückreichen hat sich sich die Bewegung des Open Scholarship in den letzten zwei Jahrzenten – und sowohl ermöglicht als auch befeuert durch die Digitalisierung der Wissenschaftswelt – von einer Sammlung kleinerer und verstreuter Aktivitäten hin zu einem breiten internationalen Netzwerk von Institutionen, Organisationen, Regierungen, praktizierenden Einzelindividuen sowie Verfechterinnen und Verfechtern der Ideen hinter Openness in der Wissenschaft. Während schon bedeutende Fortschritte in der Erweiterung von Theorie und Praxis von Open Scholarship erzielt wurden (siehe z.B. Peters et al., 2012, Friesike et al., 2013, Munafo et al., 2017)), so sind Open Scholarship-Praktiken und -Werte in den meisten Forschungsdisziplinen bei Weitem noch nicht die Norm, und die Akzeptanz der durch Offenheit in der Wissenschaft proklamierten Werte ist weltweit ungleich verteilt.

In diesem Dokument verstehen wir den Begriff “Open Scholarship” als eine inklusiv gedachte und somit weit gefasste Perspektive auf den Prozess von, die Kommunikation in und über, und die Wieder- und Weiterverwendung (Remix) von Wissenschaft und Forschung, sowie die Auseinandersetzung der eigenen Rolle im größeren sozialen Kontext der Gesellschaft, und eine Inklusion dieser unter den Vorzeichen von Offenheit/Openness.

Sowohl Ziele als auch die grundlegende Vision von Open Scholarship sind in Dokumenten wie der Budapest Open Access Initiative, der Open Archives Initiative, den Vienna Principles, den Scholarly Commons Principles und den Panton Principles beschrieben. Im Laufe der Zeit entwickelten sich so Dutzende von Erklärungen, Chartas sowie Statements über die Prioritäten und deren Setzung zu verschiedenen Aspekten von Open Scholarship.

Dies hat zur Folge, dass es heute zahlreiche konkurrierende, parallele oder sich überschneidende Definitionen dessen gibt, was Open Scholarship sowohl in Bezug auf Forschungsprinzipien als auch auf die Praktiken umfasst – alle mit dem Ziel, eine Bewegung zu beschreiben, die die Förderung des wissenschaftlichen Wachstums unter den Gegebenheiten einer freien und öffentlichen Zugänglichkeit anstrebt.

Hierbei erachten wir es nützlich, Open Scholarship als “boundary object” (Moore, 2017) zu betrachten, da es dadurch flexibel anpassungsfähig ist, in verschiedenen Communities in seiner Ausprägung unterschiedlich interpretiert wird, jedoch genügend unveränderliche Kerninhhalte mit sich bringt, um eine intrinsische Integrität beizubehalten. Neben dem “Virtues of Openness”-Ansatz von Peters und Roberts, 2012 halten wir die fünf Denkschulen aka. “schools of thought” von Fecher und Friesike, 2013 für nützlich, um die vorliegende Strategie anhand der dort genannten Ausprägungen zu rahmen; diese beinhalten einen Fokus auf: Infrastruktur, Datenerfassung, Öffentlichkeit, demokratische Werte und Pragmatismus. Darüber hinaus schlagen wir hiermit eine Erweiterung um eine sechste Schule mit Fokus auf Gemeinschaft und Integration vor, die den Entwicklungen in diesem Kontext innerhalb der letzten fünf Jahre (und darüber hinaus) Rechnung trägt. Erwähnt werden soll hier auch das OCSD (Open and Collaborative Science in Development) Network, das ein Open Science Manifesto für inklusiv-integrativ ausgelegte Open Science mit Blick auf soziales und umweltbewusst-ökologisches Selbstbewusstsein verfasst hat, welches zur Rahmung der hier vorliegenden Strategie von großem Nutzen sein kann.

Diese vorangegangenen Arbeiten waren und sind weiterhin entscheidend für die Schaffung einer zentralen Identität der weltweiten Open Scholarship-Community, da diese Argumentationslinien zur Befürwortung von Open Scholarship gegenüber der breiteren Gesellschaft sichtbar werden und damit eine Grundlage geschaffen wird, um die weltweite Bewegung voranzubringen.

Um das volle Potenzial und die Vision von Open Scholarship zu verwirklichen, sind wir der Meinung, dass ein Dokument hilfreich sein kann, das die Zusammensetzung von Open Scholarship als Bewegung kritisch hinterfragt und eine strategische Perspektive einnimmt, um darzulegen, wie wir als globale Bewegung konkrete Schritte zur Erreichung dieser Ziele identifizieren können. Denjenigen, die mit manchen Begrifflichkeiten der Welt des Open Scholarship (noch) nicht vertraut sind, möchten wir vertrauensvoll auf das Open Research Glossar hinweisen, welches durch die Right to Research Coalition zur Verfügung gestellt wird.

Abbildung 3: Fecher and Frieseke (2013). Five schools of thought in Open Scholarship. (CC BY NC)

4. State of the Movement

Ein Movement kann definiert werden als “eine Gruppe von Menschen, die zusammenarbeiten, um ihre gemeinsamen politischen, sozialen oder künstlerischen Ideen voranzubringen”. Unterstützung erfährt Open Scholarship von zahlreichen und enorm vielfältigne Gruppe von Menschen, darunter auch Bürgerinnen und Bürger ohne akademischen Hintergrund, Aktivisten, Dozierende und Studierende auf verschiedenen akademischen und beruflichen Ebenen sowie Forschungsinstitute, wissenschaftliche Verlage, Bibliothekare, politische Entscheidungsträger und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Die Mitglieder dieser Communities kommen aus Ländern rund um den Globus und haben unterschiedlichste sozioökonomische Hintergründe und Motivationen.

Open Scholarship muss daher eine Reihe unterschiedlicher sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Kontexte, unter denen diese verschiedenen Gemeinschaften und Interessengruppen vereint sind, mit einbeziehen. Wie oben schon angedeutet ist diese Vielfalt zwar einerseits eine Stärke der Open Scholarship-Bewegung, da sie eine Vielzahl von Perspektiven, Erfahrungen, Kapazitäten und Ressourcen mitbringt – sie stellt die Bewegung aber auch vor Herausforderungen in Bezug auf die strategische Ausrichtung, das Finden gemeinsamer Pläne sowie den Aufbau gemeinsamer Governance- und Koordinationsstrukturen.

Die Annahme, die vermutlich den breitesten Zuspruch unter den zahlreichen Open Scholarship-Stakeholdern erntet, ist die Überzeugung, dass eine verstärkte Akzeptanz von Open Scholarship-Praktiken – und damit im Allgemeinen einfach offenen Praktiken – eine gute Sache darstellt, da sie sowohl der Forschungsgemeinschaft als auch der Umwelt, den weltweiten Volkswirtschaften sowie der breiteren Gesellschaft insgesamt größere Vorteile bringen würde.

Aufbauend auf dieser grundlegenden Wertesetzung können wir also beginnen, sowohl die zentralen Herausforderungen als auch die vielfältigen sich ergebenden Möglichkeiten für Open Scholarship zu identifizieren, um strategische Elemente zu definieren, die auf verschiedenen Ebenen und durch unterschiedliche Interessengruppen übernommen bzw. adaptiert werden können.

Daraus können wir ein gemeinschaftliches Verständnis für die Art der nötigen Maßnahmen gewinnen, die ergriffen werden können, um die Sache des Open Scholarship voranzubringen.

4.1 Gemeinsame Perspektiven

4.1.1 Grundlegendes Werte-Versprechen

Open Scholarship macht Forschungsergebnisse und Praktiken in Wissenschaft und Forschung zugänglicher und inklusiver und erweitert unseren Horizont über die Möglichkeiten von Bildung, Wissenschaft und Forschung.

4.1.2 Übergreifende Ziele und Vision

Forschungspraktiken und wissenschaftliche Kommunikation entwickeln sich stetig weiter. Obwohl das Word Wide Web mit seinem Ansatz einer Dezentralisierung der wissenschaftlichen Kommunikation ursprünglich vor rund 30 Jahren als Gegenentwurf zu überkommenen Informationsmanagements-Hierarchien entwickelt wurde (Berners-Lee, 1989), hat die sonst allgegenwärtige Präsenz des Web einen Großteil der bereits existierenden wissenschaftlichen Publikationsmodelle sowie der damit befassten Industrie im Großen und Ganzen unverändert gelassen. Die so wahrgenommene langsam fortschreitende Entwicklung bzw. gar Trägheit kann möglicherweise auf das breite Spektrum unterschiedlichster Akteure in diesem Bereich und ein fast schon traditionelles Beharren auf eigene Interessen und Positionen, z.B. zu Fragen des Urheberrechts, Prestige und Renommée etablierter Journal-Titel, sowie die Bewertung und das Assessment von Forschung zurückgeführt werden.

Doch haben sich auch im Sektor der Wissenschaftskommunikation schon Perspektiven auf die Vorteile des Webs entwickelt: so ist beispielsweise eine verbreitete Sicht, dass wissenschaftliche Kommunikationsprozesse zunehmend die Macht webnativer Technologien nutzen sollten, um von den Vorteilen des semantischen Webs zu profitieren, das effiziente Vernetzung, Kollaboration und Transparenz in Wissenschaft und Forschung verspricht (siehe dazu z.B. Hitzler, 2010 oder Pomerantz, 2015).

Die Angleichung der bestehenden Prozesse von Forschung und Lehre an dieses Ideal wird im Kontext des Open Scholarship weitgehend einhellig gefordert, und so hat in den vergangenen zehn Jahren eine nicht von der Hand zu weisende rapide Zunahme an Innovationen in Wissendschaft und Forschung stattgefunden.

Die primäre Vision, die wir mit Optimismus verfolgen, ist in drei Teile gegliedert und fordert,

  1. Dass alle Bildungmaterialien und Forschungsoutput als globales Gemeingut allen Mitgliedern der Öffentlichkeit, die davon profitieren wollen, zur freien Weiternutzung zugänglich sein sollten.
  2. Dass der aus offener Wissenschaft und Forschung erzielte Mehrwert auch in die breitere Gesellschaft zurürckgespielt und integriert wird.
  3. Dass es allen Menschen ermöglicht wird, nach eigenem Wunsch und Willen frei und ungehindert in diesem Prozess zu partizipieren und selbst beizutragen.

4.1.3 Definition als Grenzobjekt / boundary object

Durch die Setzung als Grenzobjekt bzw. boundary object (Star & Griesemer, 1989) ermöglicht uns Open Scholarship, verschiedene Kategorien und Bedeutungsräume quer über unterschiedlichste Communities of Practice auszubalancieren. Dadurch wird die Festlegung und Aushandlung solcher Grenzobjekte ein Schlüsselprozess für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Kohärenz zwischen den sich überschneidenden Communities.

Weit gefasst lassen sich die Kernaspekte von Open Scholarship anhand von zwei Hauptkategorien einteilen: Praktiken und Prinzipien. Erstere Kategorie betrifft Aspekte wie Open Access, Open Data und Open Evaluation. Zu den Kernprinzipien von Open Scholarship gehören Partizipation, Gleichheit, Transparenz, Fairness, kognitive Gerechtigkeit, Zusammenarbeit, Verteilungsgerechtigkeit und Inklusivität; Aspekte, die in traditionellen Wissenschaftspraktiken vielfach verloren gegangen scheinen. Grundlegend ist man sich einig, dass die Kombination dieser Praktiken und Prinzipien zu einem besseren Forschungsprozess führen wird, die alle unter dem breiten Begriff Open Scholarship zusammengefasst sind. Und in der Tat ist bspw. Watson (2015) der Ansicht, dass diese Attribute nicht ausschließlich für Open Scholarship gelten, sondern grundlegende Schlüsselmerkmale von guter Wissenschaft insgesamt sein sollten.

Wir erkennen jedoch an, dass Open Scholarship in seiner derzeitigen Form als Konstrukt nicht unbedingt leicht verständlich ist, u. a. weil sich im Diskurs um Opennes zahlreiche Fach-Termini und ein fast schon distinkt eigene Sprache herausgebildet hat. Wir erkennen voll und ganz an, dass diese damit selbst eingeführten Hindernisse überwunden werden müssen, um eine möglichst breite Partizipation und Engagement zur Etablierung der Prinzipien und Praktiken von Open Scholarship zu ermöglichen (Masuzzo und Martens, 2017).

Abbildung 4: Tony Ross-Hellauer (2017). Principles of Open Scholarship. Slideshare. (CC BY).

4.1.4 Das Open Scholarship-Ökosystem

Vier Hauptelemente sind Voraussetzung für die Verbreitung von Open Scholarship:

  1. Nutzende: Bewusstsein bei Akteurinnen und Akteure gegenüber Open Scholarship, um sich aktiv-reflektierend mit den entsprechenden Praktiken auseinanderzusetzen.
  2. Prozess: Open Scholarship-Tools, anhand derer die Verbreitung von Open Scholarship-Praktiken geleitet und gesteuert werden kann.
  3. Kontext: Systemische Unterstützung durch Communities und beteiligte Stakeholder zur Schaffung eines nachhaltigen Umfelds für Open Scholarship.
  4. Anreize: Motivationsanlässe für Externe, sich mit Open Scholarship-Praktiken auseinanderzusetzen.
Angelehnt an die Foster Open Science Taxonomy (CC BY 4.0). Bitte beachte: diese Taxonomie erhebt keinen Anspruch der Abbildung aller möglichen Aspekte von Open Science & Scholarship dar, vielmehr wird hier hauptsächlich auf den forschungsfokussierten Bereich Open Science eingegangen und bspw. Open Education oder Wissenschaftskommunikation im weiteren Sinne ausgeklammert (Notiz T.S.) .

4.2 Vielzahl an Perspektiven

Neben den schon genannten Gemeinsamkeiten gibt es auch Spannungen zwischen unterschiedlichen Ansichten, wie Open Scholarship-Praktiken am Besten implementiert werden können. Daher scheint es wichtig, hier nochmals darauf zu verweisen, dass die Agenda hinter Open Scholarship zahlreiche Stakeholder mit unterschiedlichen Motivationen, Interessen und kulturellen Hintergründen zusammenbringt – eine One-Size-Fits-All-Lösung könnte daher unter Umständen lokalen Interessen schaden (dies gilt aber auch umgekehrt).

Andererseits hat sich in den vergangenen Jahren durchaus der Bedarf herauskristallisiert, die zahlreichen existierenden Strategien von Openness-Communities so zusammenzuführen, dass Handlungen und potentielle zukünftige Strategien derjenigen mit ähnlichen Zielen nicht gegenläufig realisiert werden. Im Open Scholarship-Kontext können wir folgende potentielle “Störungszonen” identifizieren, die einer Erstellung einer kohärenten Strategie abträglich sind:

4.2.1 Geografische Besonderheiten

  • Es gibt bereits Hunderte von Einzelinitiativen und Organisationen, die weltweit dazu beitragen, Open Access auf verschiedensten Ebenen anzubieten und zu fördern.
  • Es gibt bereits Tausende von Einzelinitiativen und -organisationen, die weltweit dazu beitragen, offene Bildung / Open Education auf verschiedenen Ebenen zu fördern und entsprechende Angebote zu entwickeln.
  • Hohe Kosten im Zusammenhang mit manchen Arten von Open Access-Publikationen können aktiv Forschende aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMICs) ausschließen.
  • Beachte, dass viele populäre Indexierungsdienste wie Scopus und Web of Science einen expliziten Bias gegenüber Journals aus Entwicklungsländern oder solchen, die kein Englisch als Hauptsprache haben, aufweisen (Mongeon und Paul-Hus, 2016).
  • Es muss sichergestellt werden, dass jedes Open Scholarship-Narrativ die unterschiedlichen Weltanschauungen, Erfahrungen und Herausforderungen verschiedenster geografischer Gegebenheiten wie bspw. Lateinamerikas, Asiens, Afrikas und des Nahen Ostens mitdenkt, so diee bspw. im Open Science Manifesto beschrieben sind.

4.2.2 Besonderheiten zwischen verschiedenen wiss. Disziplinen

  • Da der im Allgemeinen gebräuchlichere Begriff des “Open Science” den Ausdruck “Science” enthält, kann dies zu einer impliziten oder auch offenen Exklusion von Forschenden aus den Bildenden Künsten, den Geistes- und Sozialwissenschaften, den Ingenieurwissenschaften, der Mathematik sowie zahlreichen anderen Bereichen, die je nach eigener Schule nicht als “reine Wissenschaft” angesehen werden könnten, führen. Dieses Problem scheint linguistisch bedingt hauptsächlich auf Forschende mit englisch-muttersprachlichem Hintergrund beschränkt zu sein, strahlt aber durch die Verwendung der englischen Denominationen auch auf Diskurse anderer Nationalitäten ab. Begriffe wie “e-Research” und “Digital Humanities” beschreiben ähnliche Praktiken aus unterschiedlichen Communities, die die gleiche grundlegende Problematik aufweisen.
  • Es bestehen Unterschiede in der Einstellung und der Akzeptanz der unterschiedlichen Openness-Praktiken. Beispielsweise sind viele Open Science-Praktiken auf empirische und quantitative Forschung ausgerichtet und erfordern daher andere Evaluations- und Anreizstrukturen als andere wissenschaftliche Disziplinen.
  • Berücksichtigung domänenspezifischer Probleme. So ist beispielsweise die Berücksichtigung von Schwankungen in der Versorgung mit bioogischen Hilfsmitteln verschiedener Laborunternehmen ein wichtiges Thema für die Reproduzierbarkeit der Forschung in der Biologie. Die Verfügbarkeit und der Wille zur Bereitstellung eigener Arbeiten in Form von Open Access-Büchern scheint (noch) ein großes Problem in den Geisteswissenschaften (Eve, 2014) darzustellen, jedoch weniger in den MINT-Disziplinien, und werden daher insb. im Open Science-Diskurs oft ausgeblendet.
  • Derzeit existieren nur wenige Preprints aus der pharmazeutischen Industrie und keine, die primäre klinische Daten abdecken. Des weiteren ist zu konstatieren, dass gegenwärtig erhebliche Hindernisse für Preprints der im Kontext der Pharmaindustrie erstellten Forschungsarbeiten bestehen.

4.2.3 Besonderheiten bzgl. der Stakeholder

Wenn man die Bandbreite der Akteur_innen-Gruppen mit direktem Interesse an einer (Weiter-)Entwicklung von Open Scholarship betrachtet – Forschende, Studierende, Förderinstitutionen, Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Forschungsmanager_innen, wissenschaftliche Gesellschaften, Anbieter von IT-Infrastruktur, Industrie sowie die Zivilgesellschaft in ihrer ganzen Breite, Wissenschaftsverlage sowie weitere Dienstleistende im Feld des Open Scholarship, Pädagoginnen und Pädagogen, Lehrende, NGOs und politische Entscheidungsträger – so wird schnell deutlich, dass sich jede dieser Gruppen aus verschiedenen Gründen in der Verwirklichung von Open Scholarship engagiert, und dabei die eigenen Ziele – je nach intrinsischer Motivation – in Konflikt miteinander stehen können.

So gibt es beispielsweise im Hinblick auf Open Access kaum Konsens darüber, wie dies auf einer Vielzahl von Dimensionen (geografisch, institutionell, individuell) am besten zu erreichen ist. Aus den hier entstehenden Spannungen ergibt sich – vielleicht nicht überraschend – ein Fehlen klar definierter strategischer Prioritäten zur Klärung von Konflikten im Feld des Open Access, mit denen zwischen verschiedenen Gruppen von Stakeholdern, die oft auf der Grundlage konkurrierender Interessen agieren und sich auf zahlreichen Ebenen in Kommunikation, Politik und Praxis durchsetzen, vermittelt werden könnte.

Daraus ergibt sich eine besondere Komplexität im Beziehungsgeflecht zwischen den an der Wissenschaftskommunikation und den in allen Feldern des Open Scholarship beteiligten Akteurinnen und Akteuren. Einige der am Kontroversesten diskutierten Punkte betreffen:

  • die Auswahl geeigneter Lizensierungsraster für Forschungsdaten;
  • woher die Finanzierung wissenschaftlicher Publikationstätigkeiten kommen soll;
  • Wer für wissenschaftliche Forschungsinfrastruktur zuständig und verantwortlich zeichnen;
  • wie ein optimales Open Access-Modell aussehen kann und welche Eigenschaften damit einhergehen;
  • die Rolle von gemeinnützigen non-profit Vereinen und Stiftungen und martwirtschaftlich-gewinnorientierten Akteuren; und
  • wie Konflikte zwischen verschiedenen Stakeholdern geschlichtet werden können.

Dies ist selbstverständlich eine unvollständige Liste aller offenen Punkte, durch die aber schon deutlich wird, dass Konfliktlösungen und Kompromissfindung im Bereich der Wissenschaftskommunikation in unterschiedlichsten Variationen geschehen kann, die sich um die Kernthemen der Unabhängigkeit von Wissenschaft und Forschung, Governance-Strukturen und Finanzierung drehen.

4.3 Umfang der Ziellerreichung von Open Scholarships, um die Bewegung als erfolgreich zu betrachten

Es gibt unterschiedliche Meinungen und insgesamt fehlenden Konsens darüber, in welchem Ausmaß die Ziele von Open Scholarship erreicht werden müssen, um die Open Scholarship-Bewegung insgesamt als erfolgreich zu deklarieren. Teilweise ist dies auf das Fehlen klar definierter Ziele zurückzuführen, was bedeutet, dass es bisher schwierig war, einen klar formulierten Weg mit definierten Zwischenzielen festzulegen. Die Gesamtlage der unterschiedlichen und teilweise konkurrierenden Akteure sowie der Vielzahl komplexer Prozesse trug dazu auch nur bedingt bei.

Manche Aspekte scheinen jedoch von allen Beteiligten allgemein akzeptiert werden zu können:

  • Die Umgestaltung des derzeitigen Marktes für wissenschaftliche Kommunikation in einer Art, so dass Open Scholarship und entsprechende Dienstleistungen zum Standardmodell für Forschungsprozesse und -ergebnisse wird.
  • Die Verlagerung öffentlicher Finanzierungsmodelle, um die Ausbreitung von Diensten und Ergebnissen anstelle des bisher praktizierten Einkaufs einzelner Kopien/Abonnements von Inhalten zu finanzieren.
  • Bereitstellung einer ausreichend hohen Qualität und Vielfalt an Dienstleistungen, um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine angemessene Auswahl zu ermöglichen.
  • Das Mainstreaming von Open Scholarship, so dass dieses in Bezug auf Reichweite, Adaption, Anreizsystemen und Anrechenbarkeit eine lohnenswerte Alternative zu traditionellen Verfahren darstellt.
  • Aufbau einer signifikanten Anzahl von Bildungs-, Ausbildungs- und Unterstützungssystemen, die auf der Entwicklung von Open Scholarship-Skills basieren.
  • Ablösung des gesamten traditionellen Wissenschafts- und Forschungs-Workflows durch Open Scholarship-Methoden.
  • Ablösung proprietärer Softwarelösungen im Wissenschafts- und Forschungs-Kreislauf durch Freie und Open Source-Software (FOSS/FLOSS)
  • Messbare Steigerung der Qualität von Forschungsleistung und -ergebnissen, die zu verbesserten Karriereaussichten sowie sozialem, akademischem und wirtschaftlichem Wachstum und Innovation führt.
  • Übernahme vollständiger Abdeckung durch Open Access durch die Förderorganisationen; Förder-Richtlinien, die explizit die Verwendung von Preprints und anderen Pre-Publikationsformen in Förderanträgen ermöglichen, sowie die Berücksichtigung nicht-traditioneller Forschungsergebnisse.

5. Wichtigste strategische Prioritäten

Unter Berücksichtigung der oben genannten strategischen Ziele und Erfolgskriterien ist es möglich, mehrere Maßnahmen-Cluster zu definieren, die umgesetzt werden müssen, um die genannten Ziele und Kriterien zu erreichen. Auch wenn es zwar keinen klar proklamierten Konsens der Open Scholarship-Bewegung darüber oder über die explizite Reihenfolge von Priorisierung gibt, so besteht doch Einigkeit darüber, dass alle diese Maßnahmen zumindest bis zu einem gewissen Grad wichtig sind.

Diese strategischen Cluster adaptieren wir hier von Fecher und Friesike (2013); sie bilden die Grundlage für die skizzierte Gesamtstrategie.

5.1 Demokratisierung

In der Überzeugung, dass es eine ungleiche und ungerechte Verteilung des Zugangs zu Wissen gibt, hat Open Scholarship zum Ziel, Wissen aus Wissenschaft und Forschung (einschließlich Publikationen, Code, Methoden, Daten und Lehrmaterialien) für alle mit Zugang zu moderner Technologie (z.B. Computer und Internetanschluss) frei zugänglich und weiter nutzbar zu machen. Insbesondere muss dies für öffentlich geförderte Wissenschaft und Forschung gelten.

Wichtig ist, dass der demokratische Aspekt von Open Scholarship nicht nur die Forderung nach gleichem Zugang zu Wissen beinhält, sondern auch die offene Befähigung, mit gleichen Möglichkeiten zum Wissen beizutragen, und mit gleichen Rechten an den Entscheidungen der globalen Gemeinschaft teilzunehmen, die sich auf die Schaffung und Verbreitung von Wissen auswirken. Letzteres bedeutet, dass Open Scholarship konträr zu auf Machtstrukturen basierenden, geschlossenen Institutionen wie exklusiven Vereinen und Clubs steht, die auf eine kleine Anzahl von Teilnehmern beschränkt sind, welche für die gesamte internationale Gemeinschaft entscheiden – egal ob diese geschlossenen Vereinigungen von institutionellen und staatlichen Geldgebern unterstützt werden oder exklusive Bottom Up-Organisationen darstellen (z.B. kleine Gruppen angesehener Autorinnen und Autoren).

In der Tat scheint es ziemlich unwahrscheinlich, dass mehr als 10 Millionen hochgebildete und intelligente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich mit Regeln einverstanden zeigen würden, die ohne ihr Zutun von einer kleinen Anzahl von Menschen (oder – schlimmer noch – von Advokatengruppen mit primär finanziellen Interessen) für sie eingeführt wurden. Ein wahrscheinlicheres Szenario ist, dass die neuen Regeln für Open Scholarship in öffentlicher Diskussion durch viele gemeinsame Projekte in kollektiv-geteilter Erstellung – genau wie die hier vorliegende Strategie – erscheinen werden.

Es wurden zahlreiche spezifizierte Maßnahmen und Herangehensweisen vorgeschlagen, um demokratische Werte in Open Scholarship dezentral zu verwirklichen, darunter Peer-to-Peer- und Blockchain-basierte Mechanismen.

Wenn wir auf die Etablierung von Prinzipien des Open Scholarship hinarbeiten, erkennen wir an, dass es potentiell Komplexität oder sogar Konflikte auf diesem Weg geben wird, wenn sich Richtlinien, Policies und Arbeitspraktiken weiterentwickeln. Das Bewusstsein für die breitere Wissenschafts-, Forschungs-, und Bildungslandschaft wird dazu beitragen, Open Scholarship so zu positionieren, dass es die größtmögliche Wirkung entfalten kann und das Potenzial anderer, gegenläufiger Policies und Prioritäten abschwächt. So sollten beispielsweise Vorschläge zur Novellierung des Urheberrechts in der EU, die eine Beschränkung der Befugnis zur Durchführung von TDM (Text und Data Mining) oder Maßnahmen zur Förderung des geistigen Eigentums (IP) und der Kommerzialisierung vorsehen, mit Maßnahmen, die eine breite Nutzung von Daten, Forschung und Wissen ermöglichen, in Einklang gebracht werden. Es gibt eine Reihe von aktuellen Initiativen, die auf die Entwicklung von Copyright-Frameworks hinarbeiten, die der Sache von Open Scholarship zuträglich sind.

Weitere spezifische Aspekte beinhalten:

  • Open Access-Publishing, das nicht nur freien Lesezugriff, sondern auch die Wiederverwendung und Verbreitung in größtmöglichem Umfang ermöglicht. Viele glauben, dass der Zugang zu Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung ein grundlegendes Menschenrecht darstellt.
  • Eines der stärksten Argumente für Open Access besteht in der Annahme, dass öffentlich (oder durch das öffentliche Steuersystem) finanzierte Forschung und deren Ergebnisse auch der Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Die in einigen Bereichen stark zunehmende Finanzierung von Forschungsvorhaben durch den Privatsektor ist derzeit nur schwer mit dieser Ansicht und Forderung zu vereinbaren.
  • Open Licensing / Offene Lizenzen, Lizenzierung und Urheberrechtsverzicht-/abtretungen, die sowohl für Menschen als auch für Maschinen lesbar sind. Üblicherweise wird dies durch eine Kombination aus Creative Commons und Open Source-Lizenzierung erreicht.
  • Abkehr von üblichen Patentierungspraktiken.
    • Als Beispiel für einen offenen Ansatz des Patentmanagements kann das “weak licensing – strong certification”-Modell gelten – ein Ansatz, der besonders in der Medizin einfache Anwendung finden kann, da dort therapeutische Geräte oder Wirkstoffe im Sinne des Patentrechts nur schwach lizensiert sind, aber die Anforderungen zum Markteintritt von der Regulierungsbehörde hoch gesetzt werden.
  • Anerkennung des Mehrwerts von Open Source und Open Scholarship, um Innovations- und Forschungsentwicklung zu beschleunigen (z.B. Woelfle et al., 2011; Balasegaram et al., 2017).
  • Geänderte Veröffentlichungsnormen, um alle Objekte innerhalb eines Forschungsbeitrags mit den FAIR-Prinzipien in Einklang zu bringen.
    • Die leichte Verfügbarmachung von Software und Code, sowie die Sicherung von Wiederverwendbarkeit, Zitierbarkeit sowie formelle Anerkennung gemeinsam mit Forschungsartikeln, Daten und Metadaten.
    • Etabliere eine breitere Nutzung von Datenrepositorien und Data Journals, um das nicht durch wiss. Verlage eingeschränkte Teilen von Forschungsergebnissen zu ermöglichen. Somit wird die Wiederverwendung von Daten durch andere in einer Weise ermöglicht, die entweder von den ursprünglichen Erstellern vorhergesehen ist, oder auch neue, bisher unvorhergesehene Anwendung finden kann.
    • Da eine der größten Schwierigkeiten für die Einhaltung dieser Vorgaben der zusätzliche (gefühlte) Aufwand ist, um die Arbeit auf eine mit den Richtlinien konforme Art und Weise zu teilen, sind (teil-)automatisierte oder möglichst unkomplizierte Verbreitungsmethoden von entscheidender Bedeutung.
  • Forschungsdaten-Repositorien und die gemeinsame Nutzung physikalischer Forschungsergebnisse.
    • Der Austausch von Forschungsmaterialien ist entscheidend für die Reproduzierbarkeit und Redundanz-Reduzierung von Forschung sowie zur Förderung einer offenen wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Zahlreiche diesbezügliche Aspekte wurden von Science Commons empirisch untersucht.
  • Austausch von kuratiertem und kommentiertem/annotiertem Material innerhalb von Communities ohne restriktive Lizenzverträge oder komplexe Materialtransfervereinbarungen, die den wissenschaftlichen Fortschritt aufgrund komplexer Rechtssprache oder strenger Nutzungsbedingungen verlangsamen.
  • Vereinheitliche Material Transfer Agreements (MTAs) und Open Scholarship Trust Agreements (OSTAs) – rechtliche Vereinbarungsvorlagen, die für jede Forscherin und jeden Forscher, unabhängig von der Disziplin, an jeder Institution leicht geändert werden können, um fast alle Kategorien von Forschungsmaterialien, die sie im Laufe ihrer Forschung generieren, einfach zu teilen und effiziente, offene und kooperative wissenschaftliche Praktiken zu ermöglichen. Das Prinzip wird bei Edwards et al (2017) wie folgt näher beschrieben: “The core feature of trusts—holding property for the benefit of others is well suited to constructing a research community that treats reagents as public goods.” Edwards et al (2017)
  • Z.B. OSTA-Vorlage: SGC “click-trust”-Vereinbarung z.B. MTA (Material Transfer Agreement)-Vorlagen über Science Commons
  • OER (Open Educational Resources). Weitere Informationen hierzu unter: Foundations for OER Strategy Development.

5.2 Pragmatismus und Transparenz

Dem Grundsatz folgend, dass die Schaffung von Wissen durch Zusammenarbeit effizienter und durch Kritik gestärkt wird, versucht Open Scholarship Netzwerkeffekte zu nutzen, indem es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verbindet und Prozesse aus Wissenschaft und Forschung auf allen Ebenen transparent macht.

Eine solche Optimierung kann durch die Modularisierung des Wissensbildungs-Prozesses, die Öffnung der wissenschaftlichen Wertschöpfungskette, die Integration externer Wissensquellen und kollektiver Intelligenz sowie die Erleichterung der Zusammenarbeit durch Online-Tools und -Plattformen erreicht werden. Diese Art von Openness/Offenheit im Forschungsprozess selbst stellt einen Paradigmenwechsel weg vom traditionell geschlossenen und unabhängigen Charakter der Forschung dar.

Weitere wichtige Aspekte beinhalten:

  • Hinter Forschung liegende Prozesse sollten o transparent wie möglich und so geschlossen wie nötig sein (z. B. um sensible Daten zu schützen).
  • Reproduzierbarkeit kann durch erhöhte Transparenz der Forschungsprozesse selbst weiter verbessert werden (Leek and Peng, 2015; Patil et al., 2016), nicht nur durch die Offenlegung der Ergebnisse.
    • Dies beinhaltet Kernaspekte wie offene Methoden, Zugang zu Forschungswerkzeugen für offenes Arbeiten sowie transparentere Forschungsabläufe rund um Preprints und Open Peer Review.
    • Dies kann helfen, die bestehenden Reproduzierbarkeitskrisen in der Medizin, Psychologie, Ökonomie und Soziologie zu lösen.
    • Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten bestrebt sein, die Ergebnisse in einem Forschungspapier durch entsprechend dokumentierte Daten und Code automatisch zu generieren. Um dies so einfach wie möglich zu gestalten, existieren mittlerweile eine Reihe von Web 2.0-Tools.
    • Verbesserung der Replizierbarkeit, um ähnliche Schlussfolgerungen aus neuen Experimenten, Beobachtungen und Analysen auf der Grundlage eines zuvor veröffentlichten Manuskripts zu erhalten.
  • Sicherung der Forschungs-Nachhaltigkeit durch verbesserten Zugang zu Fachwissen, Zusammenarbeit, Wissensaggregation und gesteigerter Produktivität.
    • Stelle sicher, dass Forschungsergebnisse innerhalb eines Papiers dauerhaft getestet werden – dies schließt Datenarchivierung, Versionierung von Datenständen und Langlebigkeit der eingesetzten Software ein.
    • Förderung und Weiterentwicklung der Arbeit anderer, indem damit begonnen wird, einen schon existierenden Workflow/Codebase/Tool zu nutzen, zu erweitern und somit insbesondere unnötige Doppelarbeit mit Blick auf technische Aufgaben zu vermeiden.
  • Adaption und Einsatz der zahlreichen verfügbaren Web 2.0-Technologien für Kommunikation und Kollaboration, die dazu beitragen, die steigenden Anforderungen an Produktivität und Forschungskomplexität zu erfüllen.
  • Viel hängt von der Bereitschaft der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst ab, offen, kollaborativ und gemeinsam zu wissenschaftlicher Forschung beizutragen.
    • Die Motivation dazu hängt sicher weitgehend davon ab, ob diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Prozess in irgendeiner Weise als vorteilhaft empfinden, z.B. indem sie einen Return on Investment in Sozialkapital oder Prestige erzielen.
  • Viele Instrumente zur Erleichterung und Beschleunigung wissenschaftlicher Entdeckungen und zur Verbesserung von Forschungsprozessen existieren bereits in mindestens einer Form.
    • Dazu zählen bspw. Social-Networking-Sites, elektronische Labor-Notebooks, Datenarchive, Online-Kollaborationsplattformen, kontrollierte Vokabulare und Ontologien, sowie weitere Plattformen für den Forschungsaustausch.
    • Ein Kernelelement dieser Instrumente besteht darin, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dabei zu unterstützen, ihre Tätigkeiten mit mehr Effizienz durchzuführen.
    • Die oft kommunizierte “Disruption”, die über diese Elemente hinausgehen soll, sowie die enge argumentative Verbindung von Forschungspraktiken mit fertigen auf Forschungspublikationen basierenden Produkten wird die erwünschten Veränderungen nur bedingt erreichen, da die grundlegend fehlende intrinsische Motivation der Forschenden, sich für Prozesse zu engagieren, nicht adressiert wird – eine Adressierung der intrinsischen Motivation durch Open Scholarship scheint uns daher essentiell, um wirklichen Kulturwandel herbeiführen zu können.

5.3 Infrastruktur

Um die Vorteile von Open Scholarship vollumfänglich nutzen zu können, sind digitale Plattformen, Tools und Dienste für die Verbreitung und Zusammenarbeit erforderlich. Eine solche technische Infrastruktur kann mit aktuellen Standardtechnologien und zu wesentlich geringeren Kosten als herkömmliche Publikationsmechanismen aufgebaut werden.

Gegenwärtig gibt es einen allgemeinen Mangel an Finanzmitteln und Unterstützung für kritische Aspekte einer offenen wissenschaftlichen Infrastruktur, trotz ihrer klaren Rolle bei der Definition von Forschungspraktiken und -abläufen.

Beispiele für schon bestehende Infrastrukturen sind das DOAJ, arXiv inkl. fachspezifischer Ausprägungen wie socArXiv, mediArXiv, Humanities Commmons, das Open Science Framework, Sherpa/RoMEO, ORCID, die Open Science Foundation, das Public Knowledge Project, Open Journals und die Open Knowledge Foundation, die neben vielen anderen Diensten einer Reihe von Interessengruppen entscheidende Dienste anbieten. Ohne nachhaltige Finanzierungsquellen sind diese Dienstleistungen nach wie vor anfällig für Zusammenbruch oder den Erwerb durch Akteure des privaten Sektors, wobei letzteres immer häufiger zu beobachten ist.

Um das Risiko eines Zusammenbruchs dieser offenen Web-Infrastruktur zu verringern und ihre Kapazitäten zu erhöhen, ist eine weitere und kontinuierliche Unterstützung durch Geldgeber für jede Art von nachhaltiger wissenschaftlicher Infrastruktur erforderlich (siehe dazu z.B. Anderson et al., 2017, Lewis et al., 2018). Ein Teil der Budgets der Forschungsförderer sollte dafür bereitgestellt werden (z.B. 2%), und Initiativen wie SCOSS und die Open Research Funders Group sollten in dieser Hinsicht voll unterstützt werden.

Zu diesen unterstützenswerten Infrastruktureen zählen Elemente wie:

  • Standards & Persistente Identifikatoren (PIDs);
  • Shared Services, einschließlich Abstracting/Indexing Services und Forschungsdaten (z.B. DOAJ);
  • Unterstützungs- und Verbreitungsdienste (z.B. SHERPA/RoMEO);
  • Repository-Dienste (siehe COAR und OpenDOAR);
  • offene Publikationsdienste (z.B. arXiv, hcommons, Open Journals);
  • Kollaborationsplattformen und -Tools (z.B. das Open Science Framework);
  • Automatisierung offener Praktiken (“open by default”);
  • Offene Zitierdienste, die auf ORCID- und CrossRef-Initiativen aufbauen (z.B. opencitations und I4OC);
  • Social Virtual Research Environments (SVREs), um die Verwaltung und den Austausch von Forschungsobjekten zu erleichtern, Anreize für Open Scholarship zu schaffen, bestehende Software und Tools zu integrieren und eine vollständig funktionsfähige Gesamt-Plattform für die Durchführung der Forschung bereitzustellen;
  • Interoperabilität der Dienste (z.B. auf der Grundlage der FAIR principles); und
  • Integration von Elementen des Semantic Web: Metadaten, Harvesting, Austauschdienste (siehe z.B. das Open Metadata Handbook).

Ähnlich wie bei öffentlicher Infrastruktur im herkömmlichen Sinne (Straßen, Schienen, Kanalisation, etc.) kann auch offene digitale Infrastruktur als ein Netz von Technologien betrachtet werden, die nicht wirklich Beachtung findet, solange sie problemlos funktioniert. Ähnlich wie ein defektes Straßensystem wird auch bei der digitalen Infrastruktur ihr Wert für den Laien zumeist erst sichtbar, wenn sie nicht mehr so funktioniert, wie man dies bisher gewohnt war. Als Beispiel kann hier vielleicht der Ansatz des automatisierten und integrierten Datenaustausches dienen – wenn sich dies als Standard durchgesetzt hat, wird der Schritt zurück zu Einzeleinreichungen bei Online-Repositorien ohne automatische Metadaten-Generierung erst wirklich als mühsam und ineffizient bewusst.

Was letztendlich mit solchen Infrastrukturen erreicht werden könnte, ist ein modernisierter Prozess groß angelegter, datenintensiver Forschung, die durch leistungsstarke Computercluster, die alle geographischen, technischen und disziplinären Grenzen überschreiten, kollaborativ betrieben wird.

Die potenziellen sozialen Aspekte solcher Dienste bedeutet die Entstehung zusätzlicher Möglichkeiten für eine Reihe von Anwendungsfällen – darunter erweitertes Networking, Marketing sowie Informationsaustausch über akademische Grenzen hinweg bspw. mittels Diskussionsforen.

5.4 Öffentliches Gut

Basierend auf der Erkenntnis, dass sich echter gesellschaftlicher Impact erst mit gesellschaftlichem Engagement in Wissenschaft und Forschung sowie einer leicht verständlichen Kommunikation wissenschaftlicher Ergebnisse entfalten kann, hat Open Scholarship zum Ziel, die Öffentlichkeit zur Zusammenarbeit in der Forschung durch Community Science anzuregen und einzubinden.

Web 2.0-Technologien sind in der Lage, Wissenschaft durch die Bereitstellung nicht-spezialisierter Zusammenfassungen, mittels Blogging sowie andere weniger formale Kommunikationsmethoden leichter verständlich und zugänglich zu machen. Der gesellschaftliche Impact (z.B. ein besseres Verständnis des Weltgeschehens) sollten für Wissenschaft und Forschung dabei keinen Neben- oder Nischenaspekt darstellen, sondern einen wesentlichen Teil der Motivation darstellen, in Wissenschaft und Forschung tätig zu werden.

Viele der genannten Punkte beziehen sich auf die sich wandelnde Rolle der oder des Wissen Schaffenden (der Wissenschaftlerin, des Wissenschaftlers) in einer modernen, digitalen Gesellschaft und lässt sich auf zwei Hauptaspekte festlegen:

  1. den Einfluss, den die breite Öffentlichkeit auf den intrinsischen Forschungsprozess nehmen kann; und
  2. Das Verständnis dieser Forschung durch ein breiteres nicht-spezialisiertes Publikum, einschließlich effektiver Methoden zur Kommunikation des Themenfelds von Wissenschaft und Forschung.

Als essentielle Elemente sind hier zu nennen:

  • die Beseitigung von Hindernissen für Wissenschaft und Forschung aufgrund von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Einkommen, Status, Geographie oder anderen demografischen Faktoren.
    • die Beseitigung von Hindernissen, die auf dem Zugang zu Finanz-/Fördermitteln beruhen.
    • die Einbeziehung von nicht-affiliierten/-assoziierten und anderweitig aktiven Personen ohne Anbindung an das klassische Wissenschaftssystem, die trotzdem eine aktive Rolle in Wissenschaft und Forschung einnehmen.
  • Förderung von Community Science (auch Citizen Science genannt), sowie die Einbeziehung der Gesellschaft in die Festlegung von Forschungsprioritäten.
    • Dies eröffnet auch Möglichkeiten für die Crowdfinanzierung von Forschungsprojekten – ein derzeit noch wenig beachteter Aspekt der öffentlichen Forschungsfinanzierung.
  • Kontinuierliche Dokumentation und gemeinsame Nutzung aller Forschungsergebnisse, die während eines exponierten Forschungslebenszyklus entstehen – von Labornotizbüchern, die während des Projekts verwendet werden, über Methoden, Materialien, Algorithmen, Daten, Code und Papier.
    • Dies kann dazu beitragen, den Austausch zwischen Wissenschaft und Forschung und der Öffentlichkeit zu befördern, da ein besseres Verständnis der Allgemeinheit und insbesondere durch interessierte Laien erreicht werden kann.
  • Aktive Nutzung und Einbindung öffentlicher Räume wie bspw. öffentliche Bibliotheken, Museen und Schulen.

5.5 Messung & Bewertung

Um das Verhalten von in Bildung, Wissenschaft und Forschung tätigen Personen zu ändern, ist es notwendig, die Art und Weise der Reputationsgenerierung zu ändern. Zu ändern, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bewertet werden, bedeutet die Einführung neuer Metriken, die unterschiedliche Werte und Formen wissenschaftlicher Wirkungsweisen widerspiegeln; siehe hierzu zum Beispiel den Metric Tide report oder den EU report on next-generation metrics.

Jedoch ist festzustellen, dass die Verwendung fortschrittlicher Metriken und Analysen für die Forschungsbewertung innerhalb der Wissenschaft noch in den Kinderschuhen steckt. In der Praxis würde die Suche nach einer Integrationsmöglichkeit von Offenheitsmetriken der Forschung in die Algorithmen des Hochschulrankingsystems direkt dazu führen, dass Offenheitswerte in Policies und Richtlinien eingebettet und entsprechende Maßnahmen nach offenen Kernmetriken ausgerichtet würden. Eine Alternative, die für viele jedoch nicht allzu attraktiv erscheint, wäre die Abschaffung jeglicher Form von Bewertung und Messung, da dies gern rundheraus als schlecht für den Fortschritt von Wissenschaft und Forschung angesehen wird.

Es gilt mittlerweile als allgemein anerkannt, dass sich traditionelle Metriken zur Messung des wissenschaftlichen Impacts als problematisch erwiesen haben, z.B. durch eine zu starke Fokussierung auf Journal-basierte Publikationen oder durch eine unangemessene Anwendung innerhalb der Ebene einzelner Journals. Als der unrühmlichste Vertreter traditioneller Metriken muss sicherlich der Journal Impact Factor gesehen werden, eine Metrik, die Durchschnittswerte von Zitationen verteilt auf Journals berechnet, aber auf Artikel- und Individualebene oft unangemessen verwendet wird und die Bewertung auf in erfassten Journals publizierte Forschungsergebnisse limitiert und damit innovative Formen der Forschungsbewertung klar schlechter stellt, da diese einfach nicht beachtet werden (Lariviere and Sugimoto, 2018).

Open Scholarship sucht nach alternativen Metriken (auch bekannt als altmetrics, die jedoch nicht mit der gleichnamigen Firma, Altmetric verwechselt werden sollten), welche den neuen Möglichkeiten digital vernetzter Werkzeuge Rechnung tragen können, mit denen die Wirkung von Wissenschaft und Forschung auch über ehemals unsichtbare Aktivitäten nachverfolgt, erfasst und messbar gemacht werden können. Dazu gehören u.a. Social Sharing, Tagging, Bookmarks, die Aufnahme in kuratierte Sammlungen, Adressierung verschiedener Arten von Lesenden- und Zielgruppen, Beteiligung durch Kommentare und Diskussionen, Rezensionen, sowie die Verwendung oder Zitierung in Nicht-Journal-Formaten, die alle den Kontext eines Forschungsobjekts abbilden. Wichtig ist, dass somit neue Formen der Information über die Verbreitung von Forschung sowie den Prozess der Beteiligung und Zusammenarbeit beinhalten, die dazu beitragen wollen, die traditionelle Sicht der Veröffentlichung als das Ende einer eng gefassten Forschungspipeline zu erweitern.

Daher sind die Prinzipien verantwortungsvoller Metriken eng mit den Zielen von Open Scholarship verbunden:

  • Robustheit: Metriken sind auf den bestmöglichen Daten in Bezug auf Genauigkeit und Umfang aufzubauen;
  • Bescheidenheit & Zurückhaltung: In dem Bewusstsein, dass quantitative Bewertung durch Metriken eine qualitative, sachkundige Bewertung zwar unterstützen, aber nicht ersetzen sollte;
  • Transparenz: Offene und transparente Datenerhebungs- und Analyseprozesse, damit die zu bewertenden Personen die Ergebnisse testen und verifizieren können;
  • Vielfalt: Berücksichtigung der Variation nach Fachgebieten, zudem Verwendung einer Reihe von Indikatoren zur Reflexion und Unterstützung der in der Forschung selbst existierenden Pluralität sowie sich daraus ergebenden unterschiedlichen auch nicht-traditionellen Karrierewegen der Forschenden im gesamten System von Wissenschaft und Forschung;
  • Reflexivität: Als Metrik die systemischen und potenziellen Auswirkungen von Indikatoren erkennen, antizipieren und in Reaktion darauf entsprechend aktualisieren.

Durch die hier genannten Faktoren kann die Erhebung von Metriken eine zentrale Rolle in der Zukunft von Open Scholarship spielen durch:

  • Veränderung der Forschungsevaluierungs-Normen von traditionellen Metriken hin zu einer strengeren, evidenzbasierten und vielfältigeren/ganzheitlichen Reihe von Quellen.
  • Beendigung der Verwendung des Journal Impact Factor in jeglicher Form; Verpflichtung zu den Prinzipien und Praktiken, die in der San Francisco Declaration on Research Assessment (DORA) sowie dem Leiden Manifesto festgelegt sind, sowie zu einem gerechteren, objektiveren und robusteren System der Forschungsbewertung.
  • Aktiver Einsatz alternativer Metriken – einschließlich solcher, die explizit zur Messung der Openness entwickelt wurden (Nichols und Twidale, 2017).
  • Untersuchung des möglichen Nutzens einer breiten Palette potenzieller Forschungsevaluierungsquellen, einschließlich Vorregistrierungen, registrierter Berichte (siehe “registered reports“) einschließlich solcher zu Software, Materialien und Daten, sowie Öffentlichkeitsarbeit im weiteren Sinne und Citizen Science.
  • Wissenschaftlich fundierte Bewertung & Assessment: Vorab-Experimente, bevor die Implementierung einer Metrik vorgenommen wird, um den Umfang, die Verzerrungen und die Limitierungen quantitativer Maßnahmen besser verstehen zu können.

Fragen der Transparenz und Reproduzierbarkeit gelten sowohl für Wissenschaft und Forschung selbst als auch für die Mechanismen, an denen unsere Forschung gemessen wird (z.B. ob eine Metrik unabhängig reproduzierbar ist). Furner, 2014 bietet einen ethischen Rahmen für die Bibliometrie, der auf breitere Metriken verallgemeinert werden kann.

Natürlich birgt auch die Einführung neuer Metriken Gefahren, da alle Metriken in die Irre geführt bzw. mißbraucht werden können und neue Metriken neue, bisher wenig erforschte Möglichkeiten zur Manipulation bieten. Neue Metriken lösen auch nicht das “Publish-or-Perish”-Problem, sondern übertragen es nur. Damit kommt den qualitativen Bewertungsverfahren auch in der Zukunft der Forschungsbewertung eine große Bedeutung zu.

5.6 Gemeinschaft und Integration

Motiviert durch die Erkenntnis, dass Forschung eine Integration möglichst aller Perspektiven und Meinungen genauso erfordert wie die Einbeziehung einer engagierten Community von Akteuren, versucht Open Scholarship sicherzustellen, dass Vielfalt und Integration Grundlage aller wissenschaftlichen Konversation darstellt. Dieser Aspekt wird zwar mit den anderen von Fecher und Frieseke (2013) definierten Denkschulen bzw. Schools of Thought teilweise gestreift, aber aufgrund von zahlreichen geführten Diskussionen und seitdem stattgefundenen Ereignissen sind wir der Meinung, dass ein eigener Abschnitt hier angebracht ist, um die Bedeutung dieses Themas hervorzuheben.

Zu den wichtigsten Aspekten gehören hier:

  • Vielfalt und Inklusivität.
    • Die Definition von Vielfalt ist in ihrer Komplexität nicht allumfassend abbildbar. Für die Verwendung in diesem Dokument gehen wir aber davon aus, dass damit in der Regel die Förderung von Toleranz und Einbeziehung von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund gezählt werden kann. Dazu zählen für uns Dimensionen von Ethnizität und Kultur, Psychographie, Geographie, Fähigkeiten und Fertigkeiten, Geodiversität, Neurodiversität sowie andere demographische Aspekte.
    • Es liegt in der Verantwortung der Open Scholarship-Community als Ganzes, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Vielfalt und Inklusivität grundlegende Prinzipien der Gemeinschaft darstellen.
    • Dazu gehört die Entwicklung von Werkzeugen und Techniken zur Behebung bestehender Probleme; und
    • die Erstellung und Verbreitung von Forschungsressourcen.
  • Der gemeinschaftliche Zusammenhalt und offene Kommunikation stellen ein Grundprinzip für die Open Scholarship-Community dar, und sollten auf alle verwandten Communities ausgeweitet werden. Als Teil davon sollte die Community:
    • geeignete Standards entwickeln und praktizieren;
    • Offene Lehr-/Lernmaterialien und -pläne für Praktikerinnen und Praktiker bereitstellen;
    • öffentliches Gut und öffentliche Finanzierung sicherstellen;
    • mit themenverwandten oder sich inhaltlich überschneidenden Communities einschließlich derer zu Open Science Hardware und Open Source Software zu gemeinsamen Interessengebieten vernetzen und zusammenarbeiten.
  • Fokus auf Community Science (auch bekannt als Citizen Science) legen (dies liegt auch im öffentlichen Interesse), einschließlich:
    • der Bewältigung von durch die Community gesteuerter Megaprojekte;
    • der Nutzung von Spill-over-Effekte vom und in den Bildungssektor; und
    • der Stärkung der Fähigkeit, sich intellektuell zu beteiligen, Rechenleistung, biologische Proben oder andere Ressourcen, einschließlich Finanzmittel (Crowdfunded Research) für Projekte aus Wissenschaft und Forschung zu spenden.

6. Stärken der Open Scholarship-Bewegung

Dieser Abschnitt der Strategie beschreibt einige der Stärken der sog. Open Scholarship-“Bewegung” oder auch -“Community”.

Organisationsstruktur und gemeinschaftlicher Impact

  • Die globale Wissenschaftsgemeinschaft umfasst alle Kontinente und ist eingebettet in starke Forschungs- und Wissenschaftsinstitutionen. Die “Openness”-Bewegung reicht über die reine Wissenschaft hinaus und hat Verknüfpungen zu weiteren Bereiche wie Open Culture, Open Government, Open Source und Open Society. Daher scheint der potenzielle kollektive Impact, den die Bewegung erzielen kann, enorm – mit Auswirkungen auf die globale Gesellschaft, beispielsweise bei der Umsetzung der UN Sustainable Development Goals.

Open Scholarship-Aktivitäten als Teil einer breiteren Openness-Bewegung profitieren von Synergien aus Kooperationen mit Befürwortern aus anderen Sektoren. So wird beispielsweise Open Scholarship als Schnittstelle zu Open Education gesehen, kann aber auch auf einen Erfahrungsschatz und Policies zurückgreifen, die im Austausch mit der Open Source-Bewegung geformt und gestärkt wurden.

Vielfältige Beteiligung engagierter Individuen

Bedeutende Erfolge in Open Scholarship sind oft durch die Arbeit leidenschaftlich engagierter Verfechterinnen und Verfechter möglich, insbesondere in den Bereichen Policy, Interessensvertretung und der Einführung des Themas in neuen Bereichen.

Für das Open Scholarship-Movement werden sie besonders wichtig, wenn ihre Erfahrungen und ihr Wissen durch den Aufbau von Kooperationen, Netzwerken und Gemeinschaften und Mentorenmodellen geteilt und vervielfältigt werden können.

Forschungskraft und Evidenz zur Unterstützung von Open Scholarship-Praktiken

Es wird mehr und mehr deutlich, dass Open Scholarship in all seinen Facetten sinnvoll erscheint. Entsprechende Übersichten bspw. von McKiernan et al., 2016, Tennant et al., 2016, sowie McKiernan, 2017 und Katz et al., 2018 können hier als Einstieg dienen. Der Impact des Open Scholarship-Unterfangens ist mittlerweile auf zahlreichen Ebenen – von der Praxis des Einzelnen bis hin zu inter-/nationalen Policies zu Open Access und Open Science sichtbar.

Wichtige Projekte, Gruppen und Wissenschaftler haben verschiedene Aspekte von Open Scholarship und deren Auswirkungen erforscht und als so gut wie ausschließlich positiv bewertet. Während die Bewegung wächst, wird sich die Evidenzbasis und die Tiefe der kritischen Analyse weiter entwickeln und reifen.

Breite Kreativität bei der Erarbeitung technischer und soziotechnischer Lösungen

Als Beispiel kann hier der “grüne” und”goldene” Weg zu Open Access dienen. Grünes OA bezieht sich hier auf das Recht der Selbstarchivierung, wohingegen Gold OA die Veröffentlichung in einer Open Access-Zeitschrift benennt. Obwohl davon abgesehen auch Varianten existieren (z.B. Diamant, Bronze, Platin OA), so haben die Modelle von Grünem und Goldenem OA die weiteste Verbreitung über geografische, institutionelle oder sektorale Bereiche hinweg.

Die Zunahme und Adoption des Preprint-Modells als Methode, um Forschungsergebnisse schneller verfügbar und transparenter zu machen. In den letzten zwei Jahren hat dies zu einer sich schnell entwickelnden Landschaft rund um Preprints geführt, in der sich technologische Innovationen und Praktiken der Communities gegenseitig bei der Weiterentwicklung unterstützen.

Verfügbarkeit von Open Scholarship-Erklärungen, Satzungen und Chartas

Das kontinuierlich wachsende Spektrum an hochrangigen Deklarationen zur Unterstützung von Offenheit/Openness (üblicherweise in der Form von Open Access, aber oft auch weiter gefasst) bietet intern konsistente Ziele und Maßnahmen, die das Ergebnis zahlreicher Diskussionen und intensiver Arbeit auf unterschiedlichsten Levels darstellen.

Starke Impulssetzung zur Entwicklung von Policy-Modellen

Dieser Aspekt ergibt sich aus einer Kombination von dynamischen, breit angelegten und kohärenten Top-Down-Ansätzen (politische Initiativen von Geldgebern, Regierungen, Institutionen) mit Bottom-Up-Ansätzen (Graswurzel-Bewegungen, Individuen). Es ist weiterhin essentiell, dass die Agenda für Open Scholarship auf höchster politischer Ebene anerkannt bleibt. Das UK House of Commons Science and Technology Committee into research integrity oder die durch internationale Fördergremien initiierte cOAlition S können als Beispiel dafür gelten.

Eine Herausforderung, die Top-Down-Policies mit sich bringen, ist die Tatsache, dass Institutionen wie Regierungen und Geldgeber normativ vorgeben, an welche Regeln Forschende sich in Bezug auf Datenaustausch, offenen Code und ähnliches zu halten haben, aber oftmals keine entsprechenden Ressourcen oder Infrastruktur bereitstellen, um dieses Verhalten zu ermöglichen.

Bottom-Up-Policies wiederum verknüpfen oftmals Best-Practices aus bestehenden Wissenschaftsgemeinschaften und sind im Vergleich zu Top-Down-Ansätzen häufiger freiwillige Selbstverpflichtungen im Gegensatz zum obligatorischen Dogma. Eine Bewertung des Alignments zwischen Top-Down- und Bottom-Up-Policies könnte dazu beitragen, Synergien aus beide Ansätzen zu schaffen und somit Open Scholarship besser zu fördern.

Vielfalt an Zielen ermöglicht Fortschritte an vielen Fronten gleichzeitig

Betrachtet man die thematische Breite von Open Scholarship (z.B. Open Access, Open Evaluation, Open Data, Open Source, Cititzen Science) und die enorme Vielfalt der Organisationen und Individuen, die die Weiterentwicklung dieser Bereiche vorantreiben, so wird deutlich, die sich verändernde Themenlandschaft der Bewegung zu erfassen.

Für eine konzertierte Weiterentwicklung wird es daher entscheidend sein, dass diese Bemühungen in Zukunft stärker miteinander verknüpft werden.

Geographische Heterogenität und Unterschiede in der erfolgreichen Realisierung von Initiativen

Als Beispiel sei hier die die Scientific Electronic Library Online (SciELO) genannt, die sich in Lateinamerika, Portugal und Südafrika etabliert hat. Ebenso erfreut sich Africa Journals Online (AJOL) auf dem afrikanischen Kontinent großer Beliebtheit.

Open Scholarship wurde von wichtigen internationalen Organisationen, die in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig sind, anerkannt und erfährt Unterstützung durch Institutionen auf der ganzen Welt.

Open Scholarship folgt im Allgemeinen einer gemeinsame Sprache (zumeist Englisch), um das Verständnis untereinander zu erleichtern. Weiter unten wird weiter darauf eingegangen, inwiefern dies auch eine Herausforderung darstellen kann.

Zugänglichkeit, Benutzerfreundlichkeit und Verbreitung

Das Open Scholarship-Movement veröffentlicht Artikel und Ressourcen, die in der Regel kostenlos sind, von Suchmaschinen gut gefunden werden können, leicht auf mobilen Geräten zu lesen und schnell mit Hilfe eingängiger Grafiken und Multimedia-Inhalten illustriert sind. Die Bereitschaft, zeitgemäße Technologien zu nutzen, hilft dem Open Scholarship-Movement dabei, ihre Ideen schneller in die Breite zu tragen, als dies mit traditionellen Publikationsmethoden möglich wäre.

Entsprechende Praktiken wie die aktive Nutzung plattformunabhängiger Textformatierung (z.B. durch die Auszeichnungssprache Markdown), die Bereitstellung wohlgeformter Dokumentstrukturen über klar ausgezeichnete Überschriften, Absätze, etc, und eine proaktive Zuordnung von Alt-Texten für Bilder und beschreibende Informationen für Grafiken, Videos usw. trägt nicht nur dazu bei, Informationen maschinenlesbar zu machen, die für die korrekte Verbreitung von Informationen über das Semantic Web benötigt werden, sondern hat auch den Vorteil, dass diese Informationen auch barrierefrei zugänglich sind (siehe z.B. die grundlegenden Accessibility Guidelines des UK Home Office Digital).

7. Herausforderungen, denen sich die Bewegung gegenübersieht

Diese Herausforderungen stellen potenzielle Schwerpunkte der zukünftigen Diskussion, Forschung und Policy-Entwicklung dar. Sie umfassen sowohl externe Bedingungen im größeren Ökosystem von Wissenschaft und Forschung als auch interne Bedingungen, die innerhalb der Open Scholarship-Bewegung bestehen. Nicht alle Herausforderungen sind gleich oder in jedem potenziellen Kontext oder in jeder lokalen Community vorhanden. Die folgenden Aspekte werden jedoch häufig in Diskussionen über Open Scholarship-Strategien diskutiert und sollten daher hier hervorgehoben werden.

7.1 Externe Bedingungen

Den Einfluss privatwirtschaftlicher Interessen mit der Bewegung in Einklang bringen

Es besteht derzeit wenig Konsens darüber, ob Open Scholarship in Zukunft ausschließlich durch gemeinnützige Einrichtungen betrieben werden sollte, die von der globalen Wissenschaftscommunity gesteuert werden (einschließlich Wohltätigkeitsorganisationen, non-profits und NGOs), oder ob es Raum für private oder geschäftliche Interessen geben kann.

Es scheint denkbar und wahrscheinlich, dass die Zukunft ein gemischtes Modell hervorbringen wird, das alle Akteurstypen vereint, obwohl die relative Position, Macht und der Status dieser Akteure noch unklar ist und weitere Entwicklungen abzuwarten sind. Hier bedarf es weiterer Diskussionen, um die weit verbreitete Trägheit der aktuellen Geschäftsmodelle zu überwinden. Dies schließt ein:

  • eine Überwindung des Missverständnisses, dass Open Scholarship zwingend anti-kommerziell orientiert ist (z.B. Balasegaram et al., 2017; Hakoum et al., 2017).
  • Klärung potentieller Reibungen zwischen einem Scholarly Commons-Modell für Wissenschaft und Forschung und dessen Betrieb innerhalb eines kapitalistischen Rahmens (siehe dazu bspw. Daniel S. Katz zu Kulturkonflikt).
  • Aktive Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle, wie bspw. das Konsortialmodell der Open Library of Humanities (siehe Eve und Edwards, 2015).

Politische Agenden

Open Scholarship zeichnet sich durch zahlreiche konkurrierende, parallele oder sich überschneidende Definitionen in Bezug auf Forschungsprinzipien und -praxis aus. Dementsprechend entwickeln Stakeholder wie Regierungen, öffentliche und private Geldgeber und Forschungs- und Weiterbildungs-Institutionen kontinuierlich Strategien mit unterschiedlicher Ausprägung zur Steuerung von Open Scholarship-Initiativen.

Diese Richtlinien überspannen Ländergrenzen, wissenschaftliche Disziplinen sowie Aspekte des Open Scholarship-Ökosystems und schreiben der Wissenschafts- und Forschungsgemeinschaft unter anderem durch staatliche Maßnahmen, Förderungsanforderungen und institutionelle Mandate Regeln, Vorschriften und Richtlinien vor.

  • So steht seit einiger Zeit Open Science ganz oben auf der Agenda der Europäischen Kommission der EU. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei jedoch klar auf Wirtschaftswachstum, Entwicklung und Innovation. Sowohl soziale Kernaspekte in als auch Wissenschaft und Forschung als essentielle Stakeholder von Open Scholarship scheinen hier weitgehend ausgeblendet worden zu sein.
  • Generell ist festzustellen, dass Einzel-Staaten nur langsam nationale Open Science-Policies oder -Strategien implementiert haben. Im Juli 2018 startete Frankreich seinen National Plan for Open Science und auch die Niederlande haben einen National Open Science Plan.
  • In Frankreich stand dabei der Nutzen für Forschung, Bildung, Wirtschaft und Innovation sowie die Gesellschaft im Vordergrund. In den Niederlanden scheint der Schwerpunkt eher auf der Öffnung der Forschung für die Zusammenarbeit in sozialen und technologischen Fragen zu liegen. In Estland wiederum scheint sich Open Science mehr auf die Rechte der Öffentlichkeit zu stützen, die Qualität von Forschung und Zusammenarbeit zu verbessern und die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu erhöhen.
  • EU Horizon 2020 ist eine der bemerkenswertesten Regierungsinitiativen mit Bezug zu Open Scholarship-Policies (siehe hierbei auch die Arbeit rund um den “Plan S”). Die Komponente des Responsible Research and Innovation (RRI) (Verantwortungsvolle Forschung und Innovation) des Arbeitsprogramms “Science with and for Society” macht beispielsweise offene Bildung, Forschung und Zugang zu diesen zu expliziten Zielen der EU-Policies.
  • Beispiele aus den USA beinhalten den FASTR Act, Open Government Data Act, Federal Source Code Policy; Affordable College Textbook Act; U.S. National Cancer Moonshot Initiative; Dept of Education Open Licensing Rule; Executive Directive on Public Access; California Taxpayer Access to Publicly Funded Research Act; sowie der Illinois Open Access to Articles Act und stehen für politische Veränderungen in den USA, die unter das Dach von Open Scholarship fallen.
  • Allein aus diesen Beispielen wird deutlich, dass es an einer synthetisierten und konsistenten Gesamtstrategie zu den politischen Motiven von Open Science/Scholarship mangelt. Es kann argumentiert werden, dass es einer stärkeren Koordinierung in diesem Bereich bedarf, um strategisch ermitteln zu können, welche Aspekte von Open Scholarship mit welchem entsprechend beabsichtigten politischen Ergebnis übereinstimmen können – oder auch nicht.

Bewusstsein der Forschenden, und Apathie

  • Das Bewusstsein für Open Scholarship ist in manchen Forschungsgemeinschaften noch sehr gering. Dies gilt sowohl für das grundlegende Verständnis, dass Open Scholarship Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung bei Standard-Forschungsworkflows bietet, als auch mit Blick auf die Vorteile, die sich daraus ergeben.
  • Manche Forschenden implementieren zwar Open Scholarship-Praktiken (z.B. Data Sharing, Open Access-Publishing) in ihre tägliche Praxis, zögern aber (entweder explizit oder implizit), dies auch mit dem Begriff Open Scholarship gleichzusetzen. Selbst bei einem hohen Bekanntheitsgrad in einem bestimmten Umfeld bedeutet dies nicht automatisch, dass Forschende in diesem Umfeld sich direkt weiter mit Open Scholarship auseinandersetzen, oft aufgrund mangelnder Information, Fehlinformation seitens anderer, individuell nicht ausreichende Anreize und Motivation oder schlicht allgemeinen Desinteresses.
  • Die Tatsache, dass Forschende aus pragmatischen Gründen Praktiken des Open Scholarship einführen, jedoch das Label nicht verwenden oder ihre eigene Praxis als Open Scholarship zugehörig bezeichnen bzw. diese Praxis bedeuten könnte, dass sie selbst Offenheit/Openness in ihrem Wissenschaftsalltag leben, erfordert weitere empirische Untersuchungen als einen der wichtigsten sozialen Aspekte der Bewegung – den Kulturwandel im Selbstverständnis von Wissenschaft und Forschung.
    • Die heterogene geografische Reichweite und das Bewusstsein für Open Scholarship-Praktiken erfordern weitere Untersuchungen.
    • Dies betrifft Kommunikationsfragen rund um Open Scholarship, die ein einzigartiges Konzept für die “traditionelle” Wissenschaft darstellen, und nicht nur die Verbesserung des Prozesses und der Kommunikation.

Sprache und Erscheinungsbild der Community

  • Es ist notwendig, die Verbreitung von Open Scholarship in nicht-englischen Sprachräumen zu fördern. Die Hegemonie des Englischen kann oftmals dazu dienen, die Länder des Globalen Nordens in Diskussionen und Entscheidungen zu das Feld der Opnenness betreffenden Strategien implizit oder explizit über Gebühr zu gewichten und somit andere Perspektiven auszuschließen.
  • Viele der heute einflussreichsten Forschenden haben ihre Positionen durch Erfolg im bisherigen “geschlossenen” System erlangt. Dieser Bias kann starke Auswirkungen auf die Formung von Forschungspraktiken von Nachwuchs-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern haben, die unter Umständen in Abhängigkeitsverhältnissen zu diesen stehen.
  • Der fehlgeleitete Einsatz von Open Scholarship-Begrifflichkeiten konterkariert die intendierte Message. So genanntes “Open Washing” bezeichnet Praktiken, Dienste oder Produkte, die sich den Anschein geben wollen, nach offenen Standards zu handeln, diesen aber nicht gerecht werden. So ist beispielsweise “kostenlos” nicht mit “offen” gleichzusetzen, und das alleinige Bereitstellen von Tools für Forschung und Wissenschaft ist daher auch nicht als “offen” anzusehen. Streng gesehen gehört dazu letztendlich auch die Verwechslung – oder synonyme Verwendung der Begriffe “Open Scholarship”, “Open Access” und “Open Science”; die Terminologie sollte hier klar differenziert werden.
  • Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen mit einer Firmengeschichte der Anti-Offenheit sich in der Open Scholarship-Bewegung ausbreiten und die eigentlichen Ziele von Openness unterwandern, wenn diese Ziele nicht angemessen definiert und auf Einhaltung durch die Community geachtet wird.
  • Die Bewegung rund um Openness ist gefordert, sich zahlreichen Herausforderungen bezüglich Kommunikations- und Engagementstrategien zu stellen – auch um mächtigen Akteuren mit gegensätzlichen oder divergierenden Interessen entgegenhalten zu können. Als Ansatz kann hier die persönliche Haltung der “radical kindness” beim Austausch mit diesen Akteuren dienen, um stets mit absoluter, unerschütterlicher Freundlichkeit und Anstand aufzutreten – insbesondere, wenn diese Freundlichkeit durch die Gegenseite nicht entgegengebracht wird.
  • Open Scholarship bringt eine eigenen Sprache mit einer Reihe vonFachbegriffen mit sich. Um die Barrieren beim Austausch mit anderen niedrig zu halten, sei empfohlen, auf die Verwendung von Fachjargon zu verzichten. Zudem sollte sichergestellt werden, dass häufig verwendete Begriffe präzise definiert werden. Das Open Research Glossary kann hier sicherlich hilfreich sein.

Urheberrecht

  • In der digitalen Welt, und damit auch für Open Scholarship geltend, ist rechtliches Verständnis mit Blick auf Lizenz- und Urheberrecht genau so wichtig, wie wirtschaftliches Verständnis in Bezug auf Eigentum und Geschäftsmodelle oder technisches Wissen über Tools, Schnittstellen und potentielle Abhängigkeiten.
  • In der Tat hat eine bisher vorherrschende Unterschätzung der Auswirkungen rechtlicher Aspekte von Lizenz- und Urheberrecht und die Verschränkung dieser Aspekte mit verschiedenen Bereichen von Open Scholarship sicherlich eine Hauptrolle dabei gespielt, warum das Openness-Movement einige seiner Hauptziele bisher nicht erreichen konnte.
  • Wertvolle Lektionen können hier sicherlich aus den Erfahrungen der internationalen Open Education-Bewegung – und insbesondere der mit der Einführung von Open Educational Resources (OER) beschäftigten Akteurinnen und Akteure – gezogen werden, da dort schnell auf die Auseinandersetzung mit Creative Commons-Lizenzen für Lehr-/Lernmaterial gesetzt wurde. Weiteres zu rechtlichen Aspekten von OER und Lizenzierung von Materialien bspw. im Faculty OER Toolkit oder dem deutschsprachigen Urheberrechts-Ratgeber zu OER und Open Content.

Einbeziehung nicht-akademischer Akteure

  • Implementierung von Open Scholarship auf politischer Ebene durch nationale und subnationale Regierungen (in der Art, wie Open Data und Open Access in zahlreichen Regierungen adaptiert wurden).
  • Wissenschaft und Forschung ist weltweit ein hart umkämpftes, hoch kompetitives Unterfangen. Aufgrund der relativen Neuartigkeit der Open Scholarship-Praktiken ist es verständlich, dass Institutionen ihre Reputation auf einem globalen Spielfeld nicht durch neue betriebliche Prozesse riskieren wollen. Hier gilt es, Überzeugungsarbeit auf zahlreichen Ebenen zu leisten, um möglichst breiten Impact zu erzielen.
  • Ein breiteres Engagement nicht-akademischen Publikums und insbesondere der breiten Öffentlichkeit erscheint uns als essentiell, um politische Trägheit und Zögern gegenüber Open Scholarship zu überwinden.

7.2 Interne Bedingungen

Wachstumsrate

Alle aktuellen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass sich die Dynamik von Open Scholarship im Hinblick auf ein breiteres Verständnis von Themen und die Übernahme von entsprechenden Praktiken (z.B. in Bezug auf die Anzahl der institutionellen Open Access-Policies, wie von ROARMAP angegeben) verstärkt.

Diese Verteilung geschieht jedoch oft langsam und graduell, und hat vielfach mit Reibungen zu kämpfen. Daher sollte weiter vielfach experimentiert werden, um die Anwendbarkeit von offenen Praktiken auch in größerem Maßstab zu demonstrieren, um daraus abgeleitet eine weiter steigende Wachstumsrate und den umfassenden Impact von Open Scholarship zu erhöhen.

Vermeidung von Auseinandersetzungen um Partikulardetails

Oftmals scheint die Open Scholarship-Bewegung relativ streitlustig zu sein, wenn es um Kleinigkeiten geht, ohne dass Einigkeit über die grundlegenden Fragen erzielt wurde.

Eine Konzentration auf die Kernprinzipien und die Feststellung, dass diese als gemeinsame Basis einen fruchtbaren Boden für weitere, produktive Diskussionen um Open Scholarship bilden, sollte stets im Auge behalten werden.

Überwindung des Mangels an Finanzierung von Open Scholarship

  • Finanzielle Nachhaltigkeit stellt sicherlich einen der Schlüsselaspekte für die mittel- bis langfristige Zukunft von Open Scholarship dar. Ein besseres Verständnis der finanziellen Abläufe im Feld der Wissenschaftskommunikation ist erforderlich, um Initiativen wie SCOSS, Creative Commons, etc. zu unterstützen, die sich für eine nachhaltige und offene wissenschaftliche Infrastruktur einsetzen.
  • Initiativen wie The 2.5% Commitment könnten hierzu wichtige Impulse für die Zukunft setzen. Das 2,5% Commitment besagt ganz einfach, dass: “Jede wissenschaftliche Bibliothek sollte sich verpflichten, 2,5% des ihr zur Verfügung stehenden Gesamtbudgets zur Unterstützung der gemeinsamen Infrastruktur beizutragen, die notwendig ist, um die Idee von offenen Commons Realität werden zu lassen.” (siehe auch Lewis et al., 2018)
  • Somit bestünde eine klar definierte und einfach zu realisierende Möglichkeit, um Finanzmittel aus dem gegenwärtigen Finanzierungsstrom (z.B. Abonnements) in nachhaltigere Open Scholarship-Ventures umzuleiten. Siehe dazu auch das weiter oben erwähnte beispielhafte Konsortial-Modell der Open Library of the Humanities, das die finanzielle Belastung einiger weniger Institutionen auf viele Schultern einer größeren (und stetig wachsenden) Gruppe von Konsortialmitgliedern verteilt.

Mangelnde Geduld unter den Befürwortern von Open Scholarship

  • Wir sind uns der Belastungen und des Drucks bewusst, dem sich Forschende bereits jetzt ausgesetzt sehen, wenn es darum geht, ein hohes Produktivitätsniveau aufrechtzuerhalten, Finanzierungsanträge zu stellen, Verwaltung, Lehre und weitere Aufgaben zu übernehmen.
  • Dies bedeutet, dass Open Scholarship oftmals nicht mit hoher Priorität bedacht wird, da das derzeitige Belohnungssystem immer noch sehr stark auf die Veröffentlichung neuer Ergebnisse in Journals mit hohem Impact ausgerichtet ist.
  • Dennoch sind wir der Überzeugung, dass ein Innehalten, Introspektion und Selbstreflexion über die eigene Rolle im Hamsterrad des publish-or-perish-Leistungsdrucks lohnenswert sein kann – und dann auch neuartige Herangehensweisen wie die Praktiken des Openscholarship interessant werden können.
  • Dieser Prozess des Kulturwandels sowohl bei Individuen als auch in Institutionen ist langwierig und kann vielmals nicht über Nacht geschehen, daher werden Befürwortende sowie Praktikerinnen und Praktiker von Open Scholarship dazu ermutigt, Geduld mit ihren Kolleginnen und Kollegen zu üben und Verständnis für diese Last zu zeigen.
  • Darüberhinaus sei darauf hingewiesen, dass auch unterschiedliche Initiativen, die in unterschiedlichen Communities mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten arbeiten, sich trotzdem gegenseitig verstärken können, um auf die gleichen übergreifenden Ziele hinzuarbeiten – auch hier empfielt sich also, Geduld zu zeigen.
  • Es soll hier auch betont werden, dass Forschende nicht unbedingt offene Verfechter von Open Scholarship sein müssen. Sie sollten sich jedoch der Funktionen des Wissenschaftskommunikationssystems im Allgemeinen, sowie der vielfältigen Prozesse und Normen, die damit verbunden sind, sowie ihrer eigenen Rolle darin bewusst sein.

Den Limitationen von Openness gegenüber nicht offen zu sein

  • Die Begeisterung für Offenheit birgt die Gefahr, nicht kritikfähig zu sein oder nicht anzuerkennen, dass es Situationen gibt, in denen die üblichen offenen Praktiken für die beteiligten Personen potentielle Risiken und Gefahren bergen können. Dies kann sich bspw. auf Datenschutzaspekte beziehen, aber auch auf Daten, die von Regierungen zur Überwachung oder von Unternehmen für Geschäftsinteressen erfasst werden könnten (bspw. Daten über seltene oder einheimische Pflanzen/Tiere oder Daten, die zeigen, wie lokale Gruppen oder Umweltgruppen funktionieren). Es geht auch darum, offen für Kritik an den Gefahren plattformbasierter Ökonomien und ungleicher Beziehungen in Forschungskooperationen zu sein.

Umgang mit (Mangel an) Vielfalt

  • Dazu ist klar der vorherrschende Fokus auf englischsprachige Inhalte und damit verbundene Communities zu sehen, die diejenigen diskriminiert, die dies nicht als ihre Muttersprache oder auch gar nicht sprechen können.
  • Open Scholarship muss zudem anerkennen, dass nicht alle Strategien für alle Regionen gleichermaßen geeignet sind, somit Flexibilität bei der Auslegung essentiell ist.
  • In diesem Zusammenhang sollte die Bewegung auch sicherstellen, dass andere Regionen nicht durch Entscheidungen negativ beeinflusst werden, die durch außenstehende Gruppen und regionale Präferenzen getroffen werden.

8. Chancen

  • Universitäten und Forschungseinrichtungen aus aller Welt erkennen langsam das in Open Scholarship liegende Versprechen. Diskussionen hierzu finden auf verschiedensten Ebenen statt und insbesondere Universitäten stehen hier in einer starken Position, um Policy-Rahmung, Best Practices und die Weiterbildung zu verschiedenen Aspekten von Open Scholarship – auch durch administrative Unterstützung – aktiv anzuleiten und weiterzuentwickeln.
  • Universitäten und Forschungsförderer sehen sich nun in der Lage, neue Praktiken bei der Einstellung, Beförderung sowie Konditionen der Besetzung von offenen Positionen sowie den Rahmenbedingungen zur Festanstellung einzuführen und insbesondere die Rolle von Open Scholarship in diesen Prozessen zu verankern. Die Anerkennung von Openness in diesen Bereichen ist sicher einer der Schlüsselfaktoren für eine zunehmende Akzeptanz offener Praktiken in Bildung, Wissenschaft und Forschung zu sein.
  • Wissenschaftliche Kommunikation ist ein sich rasant weiterentwickelnde Feld. In diesem Bereich gibt es mit Blick auf Forschende in allen Forschungsfeldern sicherlich einen großen Spielraum für systematische Aus- und Weiterbildung, die von den Forschungsinstitutionen übernommen werden könnte. Es existiert bereits ein weitereichendes globales Netzwerk von Expertinnen und Experten, die in diesem Arbeitsfeld – oft auf unentgeltlich-freiwilliger Basis – engagiert sind. Die mittel- und langfristige Finanzierung solcher Kommunikations-Netzwerke mit zugehörigen Plattformen, Technologien und Commnuites wäre für jede Art von Nachhaltigkeit entscheidend.
  • Insgesamt haben wir jetzt die große Chance, das Feld der Wissenschaftskommunikation und deren Policies zu harmonisieren, um es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu erleichtern, sich in die Materie einzuarbeiten. Hierzu wäre bspw. förderlich, sich auf einheitliche Lizenzmodelle zu einigen, um dem Wildwuchs unterschiedlicher Arten von Lizenzen, die möglicherweise nicht miteinander kompatibel sind und zu viel Interpretationsaufwand erfordern, entgegenzuwirken. Die Open Source-Bewegung “löste” dieses Problem durch eine Einigung auf durch die Open Source Initiative verifizierte Lizenzen, und MIT/BSD/GPL entwickelten sich zu den gängigsten Lizenzen mit klarer gegenseitiger Kompatibilität. Das Äquivalent für Artikel- und Datenlizenzen wäre vermutlich etwas, das CC BY entspricht.
  • Um die Lücke zwischen der generell positiven Einstellung zu den meisten Aspekten von Open Scholarship und den tatsächlich gelebten Praktiken zu schließen, bedarf es eines kombinierten Ansatzes aus Top-Down-Impulsen zur Änderung von Policies gepaart mit einer Vielzahl an Graswurzel-Bewegungen, die für die Sache werben und Aus- und Weiterbildung zu Open Scholarship-Praktiken in der Breite anbieten.

9. Bedrohungen, die die Bewegung gefährden könnten

Die Implementierung von Open Access betreffende Hindernisse

Zu den im Open Access-Bereich schon vielfach geäußerten Elementen zählen:

  • Fehlende Erforschung zu persönlichen Determinanten und Bedingungen im Umfeld der Forschenden, die zur (Nicht-)Veröffentlichung von Open Access führen
  • Akzeptanz langer Embargofristen zum Schutz der Verlagseinnahmen (und damit Aufrechterhaltung des Status Quo);
  • Komplexe, verwirrende und schwer zu durchschauende Regelungen zu Embargofristen;
  • Zeitaufwändige und teure Embargo-Compliance-Abgleichsysteme;
  • Konflikte zwischen von Geldgebern und Verlagen veröffentlichten Policies;
  • Weiterführung der fehlgeleiteten Praxis des Urheberrechts-Übertrags von Forschendem zu Verlagen;
  • Fehlende finanzielle Unterstützung für APC und BPC (Journal-Artikel und Open Access-Bücher);
  • Breit angelegte Etablierung von hohen, ungerechtfertigten und damit nicht nachhaltigen APCs und BPCs, die besonders diskriminierend gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen sind, denen es an entsprechenden Mitteln mangeln könnte;
  • Fehlendes oder mangelndes Hintergrundwissen bei der Verhandlung dieser Aspekte;
  • Mangelndes Bewusstsein und Anerkennung der Tatsache, dass rund 70% der im DOAJ indizierten Journals keine APC erheben;
  • Keine Einigung über eine breit angelegte Lösung für bestehnde Probleme im Zusammenhang mit Open Access für Bücher;
  • Auch in Zukunft vorherrschender Mangel an Prestige für viele Open Access-Zeitschriften; und
  • fehlende Kompensations-Vereinbarungen im Kontext getroffener Open Access-Deals zu Hybrid-Journals.
  • Allgemeines Fehlen von Rollenmodellen, die offene Praktiken in allen Fachdisziplininen vorleben, um der vorhersschenden kulturellen Trägheit im Wissenschaftsbetrieb etwas entgegensetzen.

Hindernisse für den offenen Austausch von Forschungsdaten

  • Fehlende Erforschung zu persönlichen Determinanten und Bedingungen im Umfeld der Forschenden, die zur (Nicht-) Veröffentlichung von Daten als Open Data führen;
  • Keine Einigung darüber, wie Forschungsdatenmanagement (FDM) finanziert werden soll;
  • Fehlende Befähigung im Umgang mit Forschungsdaten, und fehlende Best Practice-Beispiele;
  • Fehlende Klärung offener Lizenzfragen und mangelndes Bewusstsein darüber;
  • Mangelnde Infrastruktur zur Unterstützung eines guten FDM innerhalb des gesamten Life Cycle von Wissenschaft und Forschung; und
  • Vernachlässigung der expliziten Gewährung von Wiederverwendungsrechten (re-use) an Daten, so dass sie ein schlechtes Wiederverwendungsrecht aus Publikationen heraus erben.

Anreize und Kennzahlen

  • Fehlende oder unpassende Anreize, die durch im traditionellen System gefestige Mentalität und Praxis begründete Ängste verstärkt werden, z.B. dass der Austausch von Forschungsdaten die Wettbewerbsfähigkeit eines Individuums beeinträchtigt (z.B. Mythen wie “ich werde verantwortlich gemacht, wenn jemand meine Daten falsch verwendet”, oder “ich muss noch fünf weitere Publikationen aus diesem Datensatz herausholen, daher kann ich ihn noch nicht teilen”).
  • das bestehende Anreizsystem muss sich ändern, um den kulturellen Wandel zu motivieren und weitergehende Schritte zu erleichtern.
  • Die anhaltende Abhängigkeit von undurchsichtigen, nicht reproduzierbaren Metriken kommerzieller Anbieter wird sich weiterhin nachteilig auf Wissenschaft und Forschung insgesamt auswirken.
  • Neue Bewertungsmetriken sollten darauf ausgerichtet sein, Anreize zur Beeinflussung des Verhaltens von Forschenden zu schaffen, vorzugsweise auf der Grundlage von Openness.

Große kommerzielle Verlage

  • Elsevier & Holtzbrinck/Springer Nature (via Digital Science) entwickeln integrierte Dienstleistungen für den gesamten Workflow von Wissenschaft und Forschung, die vom ersten Schritt der Entdeckung neuer Phänomene bis zur Finanzierungsorganisation alles abdecken werden. Die Kartellbehörde der European Commission wurde über wettbewerbswidrige Praktiken informiert.
  • Diese stellen insofern eine klare Bedrohung für das gesamte Feld von Open Access und Open Scholarship dar, da sie versuchen werden, diese Dienste für Institutionen über “Big Deals” zu bündeln – so dass Institutionen sich an das Gesamtpaket inkl. der Nutzung nicht übertragbarer Dienste gebunden werden, um Zugang zu für sie wichtigen Diensten zu erhalten, (d.h. die gleiche Strategie, die bisher bei der Bündelung von Zeitschriften angewandt wird) (Moody 2017; Posada und Chen 2017; Schonfeld 2017).
  • Dies würde letztendlich zu neuen Ineffizienzen, Lieferantenbindungen und dem gleichen Preisschub führen, den wir bei”Big Deal”-Lizenzverträgen aus dem Publikationsbereich sehen.
  • Mit Blick auf Preprints und Publishing Workflows kommt es zu einer rapide zunehmenden Kolonialisierung der Landschaft durch kommerzielle Interessen (z.B. Erwerb von SSRN sowie des Workflow-Anbieters Aries Systems durch Elsevier). Dies führt zu einer breiteren kommerziellen Kontrolle, die unabhängig vom letztendlich gewählten Veröffentlichungsort droht.
  • Beunruhigend ist zudem die Entwicklung hin zu sog. Surveillance Publishing (siehe die gleichnamige Zotero Library zu zahlreichen wiss. Artikeln zum Problemfeld)

Widerstand gegen Veränderungen

  • Wissenschaftler_innen sind im Allgemeinen – und ganz ihrer menschlichen Natur gemäß – resistent gegen Veränderungen und werden daher in Summe oft als ein System der “kulturellen Trägheit” innerhalb des Wissenschaftsbetriebs gesehen.
  • Menschen neigen dazu, Dinge zu wählen, die dem, was sie bereits kennen, am ähnlichsten sind (siehe dazu z.B. Dan Arielys TED-Talk über das Treffen von Entscheidungen).
  • Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern also zu viel Auswahl zu geben, wie es in der Praxis von Open Scholarship üblich ist, könnte unter Umständen auch abschreckend wirken und letztendlich die Veränderung der traditionellen Gewohnheiten bremsen oder gar ganz blockieren.

Outlook

Es ist wichtig, hier abschließend herauszustellen, dass alle potentiell beteiligten Personen selbstverständlich weiterhin das tun können, was sie bereits gut getan haben – auch wenn sie Open Scholarship als neues Handlungsfeld annehmen. Mit Weller, 2014, Veletsianos und Kimmons, 2016 und McKiernan, 2017 sehen wir Inklusivität als ein entscheidendes Merkmal der sozialen Bewegung, die Open Scholarship darstellt. Während das, was wir hier beschrieben haben, im Idealfall alle vorgenannten Praktiken umfassen kann, kann ein Engagement in Open Science und Scholarshio als Instanzen in einem Spektrum von Praktiken angesehen werden, in welchem jedes Individuum für sich selbst aushandelt muss, wie es sich dazu positionieren möchte.

Daher sollten zukünftige Kommunikationsbemühungen darauf konzentrieren, deutlich zu machen, dass Praktiken der Openness keineswegs komplett neue Handlungsweisen darstellen, sondern vielfach “nur” effizientere und damit lohnenswertere Variationen von derzeitigen Praktiken darstellen. Darüber hinaus lohnt es, sich klar zu machen, dass Offenheit in Wissenschaft, Forschung und Lehre eine lange Tradition hat, derer wir uns zu Beginn des 21. Jahrhunderts neu besinnen sollten – damit die u.a. von Watson, 2015 gestellte rhetorische Frage “When will ‘open science’ become simply ‘science’?” bald mit einem “Heute und hier!” beantwortet werden kann.

11. Schlusswort

Wir befinden uns inmitten einer rasanten globalen Weiterentwicklung von Tools, Services und Konzepten im Bereich Open Scholarship; jedoch gab es bis heute wenig strategische Koordination bei der Umsetzung der verschiedenen Aspekte von Open Scholarship. Einfach mehr Zeit, Mühe und Geld in die Aufrechterhaltung des Status Quo zu investieren, mit obskuren und fehlgeleiteten Anreizen und einer verzerrten Abhängigkeits- und Machtdynamik, ist für das globale Wissenschaftssystem eindeutig nicht mehr tragbar.

Dieses Dokument möchte eine umfassende und strategische Lösung für dieses Problem bieten. Indem es Open Scholarship in seine konstituierenden Elemente zerlegt, ermutigt es die zahlreichen involvierten Communities, als Kollektiv kleine Schritte in Richtung einer offeneren Kultur mit relativ geringem Aufwand zu unternehmen. Ausführlich haben wir die Vor- und Nachteile dieser vorgeschlagenen Schritte diskutiert und die Gründe, potenzielle Bedrohungen sowie die vorhandenen Stärken und unterstützenden Initiativen des Movements um Open Scholarship skizziert. Wir glauben, dass eine koordinierte Umsetzung dieser Strategie notwendig sein wird, um sicherzustellen, dass wir nicht auf Lösungen zurückgreifen, die die weitere Entwicklung offener Forschungspraktiken auf globaler Ebene behindern könnten.

Um zu vermeiden, dass die Forschungsgemeinschaft in den nächsten großen profitorientierten Businessplan eingebunden wird, der nur Lippenbekenntnisse zu den Leitwerten, Prinzipien und Praktiken des Open Scholarship abgibt, muss die Wissenschaft ihre wissenschaftliche Praxis auf offene Grundprinzipien ausrichten – vor allem auf den freien Zugang zu Wissenschaft und Forschung, aber auch auf die Möglichkeit, frei an Forschungsergebnissen in all ihren Formen teilzunehmen und diese wiederzuverwenden. Wir sehen diese Freiheiten als wesentlich für jedwege Art von Zukunft des Open Scholarship.

Wichtiger Hinweis Der neueste Projektentwurf befindet sich in Entwicklung und ist für Beiträge unter GitHub verfügbar. Bitte beachte die Datei README für weitere Details; die Hauptinhaltsdatei zum Bearbeiten ist hier zu finden. Änderungen an dieser Datei werden, sofern durch die Moderation genehmigt, automatisch auf dieser Webseite aktualisiert.

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Referenzierte Tools und Services

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  • Altmetric (research metrics) link
  • arXiv (publishing) link
  • Author Alliance termination of transfer (copyright and licensing) link
  • CASRAI CRediT (researcher recognition) link
  • Contributor Covenant (community support) link
  • Dissemin (open access) link
  • Feedly (search and discovery) link
  • FOSTER resources (training and support) link
  • Google Docs (collaborative authoring) link
  • Humanities Commons (networking) link
  • Hypothesis (online annotation) link
  • ImpacStory (researcher profiles) link
  • Meetup (community organisation) link
  • Metrics Toolkit (research metrics) link
  • PER Toolkit (open education) link
  • OER World Map (open education) link
  • Open Access Tracking Project (news aggregation) link
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  • Open Research Glossary (education and training) link
  • Open Science MOOC (education and training) link
  • Open Science subreddit (news aggregation) link
  • ORCID (researcher recognition) link
  • Overleaf (collaborative authoring) link
  • Registry of Open Access Repository Mandates and Policies (ROARMAP) (policy) link
  • SocArXiv (publishing) link
  • SPARC Author Addendum (author rights) link
  • Stack Overflow (Q&A) link
  • Stencila (reproducibility) link
  • Twitter (social media) link
  • UK Scholarly Commmunications License (licensing and copyright) link
  • Zenodo (publishing indexing) link

Referenzierte Gruppen und Organisationen

  • African Journals Online (AJOL) link
  • Association of Research Libraries (ARL) link
  • cOAlition S link
  • Confederation of Open Access Repositories (COAR) link
  • Creative Commons link
  • Directory of Open Access Repositories (OpenDOAR) link
  • Electronic Information for Libraries (EIFL) link
  • eLIFE link
  • European Open Science Cloud (EOSC) link
  • FORCE11 Scholarly Commons Working Group link
  • Fostering the practical implementation of Open Science (FOSTER) link
  • International Coalition of Library Consortia (ICOLC) link
  • Initiative for Open Citations (I4OC) link
  • Joint Roadmap for Open Science Tools (JROST) link
  • The Knowledge Gap, Geopolitics of Academic Production link
  • Leiden Manifesto for Research Metrics link
  • Ligue des Bibliothèques Européennes de Recherche – Association of European Research Libraries (LIBER) link
  • Metadata 2020 link
  • National Information Standards Organization (NISO) link
  • National Instituteof Standards and Technology (NIST) link
  • OpenAIRE link
  • Open Archives Initiative link
  • Open Citations link
  • Open and Collaborative Sciennce in Development Network (OCSDNet) link
  • Open Journals link
  • Open Knowledge International (OKFN) link
  • Open Library of Humanities (OLH) link
  • Open Research Funders Group link
  • Open Science Foundation link
  • Peer Reviewers’ Openness Initiative link
  • Projekt DEAL link
  • Public Knowledge Project (PKP) link
  • Research Data Alliance (RDA) link
  • Responsible Metrics link
  • San Francisco Declaration on Research Assessment (DORA) link
  • Scholarly Publishing and Resources Coalition (SPARC) link
  • Scientific Electronic Library Online (SciELO) link
  • Sustainability Coalition for Open Science Services (SCOSS) link
  • The Carpentries link
  • Ubiquity Press link
  • W3C link

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